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Tabu-Bruch der Europäischen Zentralbank
 
17.08.2010

Szenario "Japan - Deflation trotz explodierender Staatsschuld"

Die japanische Notenbank kauft seit Jahren Staatsanleihen – ohne jeglichen erkennbaren Einfluss auf die Preisstabilität und den Wechselkurs. Der Yen war in den letzten zwei Jahren sogar besonders fest. Gegenüber dem Dollar steht seit Januar 2008 eine Aufwertung um 20 Prozent, gegenüber dem Euro um 40 Prozent. Das Preisniveau (ohne Energie und Nahrungsmittel) sinkt seit 1998. Obwohl die japanische Notenbank also mittlerweile Staatspapiere im Volumen von  51 Billionen Yen (452 Milliarden Euro) hält, was gut 10,0 Prozent des nominalen Bruttoinlandsproduktes entspricht, und diese Käufe anders als bei der EZB nicht sterilisiert werden, kämpft Japan noch immer gegen eine Deflation und leiden japanische Exporteure aktuell unter einer starken heimischen Währung.

Konsequenzen für den Euroraum

Überträgt man diese Zahlen analog auf den Euroraum bedeuteten die japanischen Verhältnisse, dass die EZB im Volumen von fast  1.000 Milliarden Euro Staatsanleihen aufkaufen müsste, um auf einen Anteil von 10,0 Prozent am nominalen Bruttoinlandsprodukt zu kommen. Das wäre mehr als drei Mal die komplette griechische Staatsschuld und entspräche einer Ausweitung der Notenbankbilanz um rund 50 Prozent. Ehrlicherweise muss man erwähnen, dass die Voraussetzungen und das ökonomische Umfeld, unter denen die Staatsanleihenkäufe in Japan erfolgen, sich von denen im Euroraum deutlich unterscheiden. So erzielt Japan seit Jahren einen sehr hohen Leitungsbilanzüberschuss. Außerdem ist die Sparquote der privaten Haushalte enorm hoch. Beide Faktoren ermöglichen die problemlose Finanzierung der enormen Staatsschulden aus dem Inland heraus. Eben dieses ist in Griechenland, Portugal und Spanien nicht gegeben.

Griechenland, Portugal und Spanien brauchen Auslandskapital

Diese Länder sind auf Kapitalzuflüsse aus dem Ausland angewiesen. Zum anderen gleicht die zunehmende Verschuldung des Staates in Japan die nachlassende Kreditnachfrage aus dem privaten Sektor aus. Durch diese Verschiebung der Verschuldung bleibt das Geldmengenwachstum unberührt. Käme es zu einer Belebung der Kreditvergabe an Unternehmen und Haushalte, bestünde auch in Japan die Gefahr einer starken Geldmengenausweitung.

Aber auch in anderen Ländern wie den USA oder Großbritannien hat die jeweilige Notenbank im letzten Jahr größere Mengen an Staatspapieren gekauft. Ebenfalls ohne diese zu sterilisieren. In beiden Fällen kam die Währung gegenüber dem Euro nur kurzzeitig unter Druck. Sorge vor einem Ausufern der Inflation gibt es in beiden Ländern nicht. Und selbst die Schweizerische Nationalbank hat zur Schwächung des Franken Staatsanleihen gekauft; allerdings ohne nachhaltigen Erfolg, obwohl auch hier die Staatsanleihenkäufe nicht sterilisiert wurden.

Bank of China, Bank of Japan und die Fed finanzieren USA

Genau genommen wird die Staatsverschuldung in den USA schon seit Jahren in großen Teilen durch Notenbanken finanziert. Es handelt sich dabei eben nur nicht um die Fed, sondern die Bank of China und die Bank of Japan. Das Ergebnis ist allerdings das gleiche: Staatsschulden werden von Notenbanken finanziert. Lediglich das Problem der wachsenden Geldmenge wird von den USA nach China verlagert.

Auf die Spitze getrieben könnte man fragen, was wäre, wenn nun die Fed chinesische Staatsanleihen kauft? Rein rechtlich würde dann keine Notenbank die Staatsverschuldung im eigenen Land finanzieren, sondern ausländische Anleihen kaufen. Praktisch wäre das Ergebnis aber selbstverständlich exakt das gleiche!

Bisher hat die EZB Staatsanleihen verschiedener Mitgliedsländer im Volumen von  47Milliarden Euro gekauft, wobei die Volumina von Woche zu Woche geringer ausgefallen sind. In der ersten Woche wurden noch Papiere für 16 Milliarden Euro gekauft, zuletzt waren es noch 4,0 Milliarden Euro. Gemessen am nominalen Bruttoinlandsprodukt hat die EZB bislang 0,5 Prozent an Staatsanleihen erworben.

Von EZB geht durch Kauf von Staatsanleihen derzeit keine Inflationsgefahr aus

In Abwägung aller Fakten ist festzuhalten, dass der bloße Kauf von Staatsanleihen durch eine Notenbank keinen Automatismus zur Folge hat, der unausweichlich in die Inflation führt. Diese Vorstellung beruht in erster Linie auf den Erfahrungen nach Ende des ersten Weltkrieges und ist besonders in Deutschland weit verbreitet.

Es gibt zahlreiche Beispiele weltweit dafür, dass Notenbanken Staatsanleihen kaufen, ohne dass es deswegen zu einer beschleunigten Geldentwertung kommt. Realistisch betrachtet geht in den nächsten Jahren vom Staatsanleihenerwerb der EZB keine Inflationsgefahr aus. Dies gilt insbesondere für die Betrachtung der Verbraucherpreisentwicklung. Die Gefahr eines deutlichen Anstiegs der Preise für Vermögenswerte wie Aktien, Staatsanleihen, Rohstoffe – „asset price inflation“ – ist dagegen nicht von der Hand zu weisen, da die Transformation von Zentralbankgeld in breitere Geldmengenaggregate in Händen von privaten Haushalten, Unternehmen und dem Staat hierzu nicht notwendig ist.

Zwar kann man nicht völlig ausschließen, dass es irgendwann zu den Entwicklungen wie im Szenario "Inflation, Hyperinflation" kommt, die RZB-Profis messen dem aber nur eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit bei. Sie halten die im Szenario "Blaues Auge" geschilderte Entwicklung bzw. eine Mischung aus diesem Szenario und den Szenarien "Woran die EZB fest glaubt" oder Szenario "Japan" gegenwärtig für den weitaus wahrscheinlicheren Ausgang. Wobei die Gefahr nicht von der Hand zu weisen ist, dass die Regierungen Druck auf die EZB ausüben werden, möglichst lange an der Maßnahme des Staatsanleihekaufes festzuhalten.

Kritischer Blick auf Gold als Inflationsschutz

Den derzeit viel propagierten Kauf von Gold als Inflationsschutz sehen die RZB-Profis in jedem Fall nicht unkritisch. Gold und andere Edelmetalle stellen in keiner Weise eine Garantie dafür dar, dauerhaft einer befürchteten Geldentwertung zu entgehen. Zwar ist es richtig, dass der Goldpreis in der Vergangenheit deutlich auf steigende Inflationsraten reagiert hat. Nur gab es in
der Vergangenheit eben auch schon Phasen, in denen sich der Goldpreis halbiert hat. Zu dem kommt, dass Gold keine Zinsen abwirft.

Gold kostet real weniger als Anfang der 1980ziger Jahre

Indexiert man den Goldpreis auf Anfang 1968 und bereinigt ihn um die Güterpreisinflation, so kostet Gold aktuell real noch immer Dollar 300 weniger als Anfang der 1980er Jahre. Hat man also damals, auf dem Hochpunkt steigender Inflationsraten, in Gold investiert, besitzt das angelegte Geld heute knapp 40 Prozent weniger Kaufkraft als damals. In der gleichen Zeit lag der durchschnittliche reale Zinssatz für zweijährige US-Staatsanleihen bei 2,6 Prozent pro Jahr. Aus 100 Dollar, die 1980 in zweijährige US-Staatsanleihen investiert wurden, sind heute reale  215 Dollar geworden. Die Anlage in Gold ist also nicht uneingeschränkt ein Schutz vor Inflation. Das wäre sie lediglich dann, wenn es zu einer Hyperinflation mit anschließender Währungsreform käme. Bleibt eine solche aus, ist Gold wie jede andere Anlageform zu betrachten,die erheblichen Preisschwankungen unterliegt.

Zwar halten es die RZB-Experten für durchaus realistisch, dass die Sorge mancher Anleger – nicht nur vor Inflation, sondern generell vor einer neuerlichen Verschärfung der Staatsverschuldungskrise – den Goldpreis heuer noch deutlich höher (auf 1.500 US-Dollar und mehr) treibt. Man sollte sich aber bewusst sein, dass es sich bei Gold um keinen Sparbuchersatz handelt, sondern ein sehr spekulatives Investment. Erwischt man nicht den richtigen Ausstiegszeitpunkt, schützt auch eine Anlage in Gold nicht vor Vermögensverlusten.

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