Was Sie bei der Bonität beachten sollten
Um einen Eindruck von der Bonität eines Landes zu erhalten, ist es unabdingbar, mehrere Bereiche genau zu durchleuchten. Historisch betrachtet, spielte die Zinsbelastung für einen Staatshaushalt schon immer eine bedeutende Rolle. In Bezug auf die Bonität müssen sowohl die Schulden als auch die Financial Assets (beispielsweise die Devisenreserven) unter die Lupe genommen werden. Entscheidend ist der Saldo aus beiden Kennzahlen. Wichtiger als die Gesamt-Einnahmen eines Staates ist die Teilmenge der Steuereinnahmen. Bei den restlichen Einkünften handelt es sich um variable Beträge (unter anderem Beamtenbeiträge für die Sozialversicherung oder um einmalige Verkäufe von Staatsbesitz).
Ab 25 Prozent Zinsbelastung der Steuereinnahmen wird es gefährlich
Historisch verhält es sich so, dass es Regierungen in etwa ab einer Zinsbelastung in Höhe von 25 Prozent der Steuereinnahmen (aufwärts) schwer haben, ein vernünftiges Budget aufzustellen. Ab einem Wert von 90 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) aus dem Saldo der Verschuldung und den Financial Assets wachsen die Risiken enorm an, vor allem dann, wenn die Refinanzierungsbasis (die Zinsen) steigt.
2009 in Millionen Euro |
Ein- nahmen |
davon Steuern |
Zins- be- lastung |
Finanz-aktiva |
Schulden | Saldo | Defizit |
Griechenland | 87.546 | 45.851 | 11.811 | 75.757 | 282.556 | 206.799 | 32.342 |
Spanien | 365.019 | 196.940 | 18.828 | 291.543 | 657.509 | 365.966 | 117.630 |
Italien | 709.135 | 441.858 | 70.163 | 421.688 | 1.956.973 | 1.535.285 | 80.800 |
UK* | 654.334 | 448.790 | 31.210 | 498.815 | 1.208.520 | 709.705 | 186.347 |
Deutschland | 1.065.950 | 567.390 | 63.530 | 670.557 | 1.832.499 | 1.161.942 | 79.410 |
Irland | 55.820 | 35.130 | 3.444 | 70.405 | 114.928 | 44.523 | 23.350 |
Österreich | 133.308 | 75.694 | 7.550 | 91.872 | 194.936 | 103.064 | 9.496 |
Quelle Zahlen: Eurostat, Tabelle: Schoellerbank
* GBP umgerechnet mit EUR 0,86
In Europa sehen wir derzeit eine „Sozialisierung“ der Staatsschulden, so Spittaler. Vergleichsweise finanzstarke Euro-Länder bürgen für die Staatsschulden anderer Euro-Mitglieder, um die Währung wieder zu stabilisieren. Kurzfristig erscheint diese Maßnahme durchaus sinnvoll und richtig zu sein.
Langfristig hingegen werden dadurch (im Falle von fließenden Geldern) höhere Verschuldungsquoten produziert, die entweder durch eine höheres Wirtschaftswachstum (ist derzeit nicht in Sicht), eine Anhebung der Steuern (ist in Griechenland schon Tatsache), Inflation (ist derzeit noch kein Thema), eine Währungsreform (Vermögensstreuung wird daher immer wichtiger) oder einen „Haircut“ (dann trifft es sehr stark die Gläubiger) rückgeführt werden müssen.
Es wird daher für den Anleger in Zukunft unabdingbar sein, jeden einzelnen Schuldner genauestens zu durchleuchten (auch die von den Rating-Agenturen als erstklassig eingestuften Schuldner gilt es, auf Herz und Nieren zu prüfen) und die Kapitalbindungsdauer im Anleihenbereich tendenziell eher zu verkürzen, rät Spittaler.