Viele Österreicher hatten ihren Sommerurlaub bereits gebucht. Wegen Corona ist nichts mehr sicher. Das müssen Konsumenten jetzt wissen.
Seit März sind Konsumentenschützer mit einer Vielzahl von Anfragen zu gebuchten Urlaubsreisen konfrontiert. Zunächst prüften Konsumenten die Möglichkeiten zur Stornierung aufgrund der evidenten zunehmenden gesundheitlichen Risiken. Mitte März kamen Reise- und Ausgangsbeschränkungen hinzu. Vielfach kamen nun auch die Veranstalter den Konsumenten zuvor und stornierten von sich aus Reiseleistungen, deren Erbringung schlicht unmöglich geworden war. Zur Orientierung werden hier die rechtlichen Folgen und Optionen für Konsumenten im Überblick zusammengestellt:
Aufrechte Verträge
Reiseverträge können bei Gefahren und Reiseeinschränkungen kostenlos storniert werden. Entscheidend ist der Zeitpunkt der Stornierung, zu dem diese konkreten Gefahren ersichtlich sein müssen, etwa durch Reisewarnungen oder auch andere seriöse objektive Berichte.
Achtung, die Gefahrenlage ist im Zweifel vom Konsumenten zu beweisen, daher ist es wichtig, entsprechende Berichte z. B. von der Webseite des Außenministeriums
www.bmeia.gv.at zu dokumentieren.
Ist die Reise zu einem späteren Zeitpunkt geplant, hat man drei Optionen:
1) Man wartet die Entwicklung ab und storniert allenfalls kurz vor der geplanten Reise, wenn nachweislich solche Gefahren bestehen. Doch je näher der Reisezeitpunkt rückt, umso höher ist die vertragliche Stornogebühr, um die man dann allenfalls mit dem Veranstalter streiten muss, somit das Kostenrisiko. Ferner verlangt der Veranstalter zwischenzeitlich die Restzahlung, da der Vertrag ja grundsätzlich aufrecht bleibt. Diese Restzahlung könnte man nur bei kurzfristigen Reisen und wenn die Durchführbarkeit der Reise seriös in Frage zu stellen ist, zurückbehalten, was in der Praxis umstritten und allenfalls vor Gericht auszustreiten ist.
2) Man kann sofort stornieren und hierfür die vertragliche Gebühr bezahlen, solange diese noch niedrig ist. Man schafft damit Sicherheit, erkauft diese aber mit der Stornogebühr.
3) Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist eine kostenlose Umbuchung auf einen anderen Reisezeitpunkt attraktiv. Dies wäre individuell mit dem Reiseunternehmen zu vereinbaren und wird vielfach im beiderseitigen Interesse liegen.
Von Reiseunternehmen annullierte Verträge:
Eine Stornierung durch die Konsumenten ist nicht mehr erforderlich, wenn schon das Unternehmen seinerseits erklärt, den Vertrag nicht zu erfüllen. Konsumenten haben sofort einen Anspruch auf Erstattung aller getätigten Zahlungen, alternativ kann man wiederum eine Umbuchung auf einen späteren Zeitpunkt bzw. einen Gutschein akzeptieren.
Bei Pauschalreisen wendet man sich diesbezüglich primär an den Veranstalter für den gesamten Reisepreis. Bei Flügen ergibt sich ein Erstattungsanspruch für die Ticketkosten aus der Fluggastrechte-Verordnung. Bei reinen Hotel- oder Mietwagenbuchungen erfolgen Erstattungen auf Grundlage des jeweiligen anwendbaren nationalen Rechts, in dem sich das Unternehmen befindet.
Die genannten Optionen gelten grundsätzlich für Pauschalreisen wie für Einzelbuchungen. Jedoch ist bei Pauschalreisen die Durchsetzbarkeit aufgrund des einheitlichen Vertrages und des inländischen Gerichtsstands wesentlich einfacher als bei Individualreisen, bei denen in rechtlicher Hinsicht jedes einzelne Reisesegment – abgegrenzt – für sich zu beurteilen ist und man mit mehreren Vertragspartnern, anwendbaren Rechtsordnungen und Gerichtsständen konfrontiert ist.
Praxisprobleme und AK-Forderung
Leider zeigt sich in jüngerer Zeit zunehmend das Problem, dass bei Reisen, die wegen der Corona-Krise annullierten werden, Gutscheine nicht nur als freiwillige Option angeboten werden, sondern als die einzige Erstattungsmöglichkeit. Konsumenten wird die Rückerstattung ihrer Zahlungen auch nach explizitem Verlangen verweigert.
AK-Tirol Präsident Erwin Zangerl sagt dazu: "Deshalb appellieren wir an die Reiseunternehmen und fordern sie auf, Fairness gegenüber den Kunden zu zeigen und die geltenden Gesetze einzuhalten. Die aktuelle Krise wurde weder von den Reiseunternehmen verschuldet, noch von deren Kunden. Umso wichtiger ist es, jetzt die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten und Stornierungen entsprechend korrekt abzuhandeln. Es wird auch eine Zeit nach Corona kommen, und dann werden sich die Konsumenten daran erinnern."
Das gilt für Gutscheine
1) Handelt es sich um Reisen, die ferner in der Zukunft liegen und es für diesen Zeitpunkt noch keine Informationen über die Gefahrenlage, Reisebeschränkungen usw. gibt, dann ist beiden Seiten noch nicht klar, ob die Reise überhaupt stattfinden kann und allenfalls kostenlos storniert werden kann. Dann ist eine Umbuchung oder ein Gutschein eine für beide Seiten durchaus attraktive Option. Hier wird sofort Planungssicherheit geschaffen und keine Seite verliert Geld.
2) Handelt es sich aber um eine Reise, die bereits wegen der Corona-Krise vom Reiseunternehmen abgesagt wurde, dann haben Kunden einen Rechtsanspruch auf die Erstattung Ihrer Zahlungen, ohne Einschränkungen und Bedingungen. Gleiches gilt bei kurzfristig bevorstehenden Reisen, bei denen nachweislich eine Gefahrenlage und damit ein gesetzliches Recht zur kostenlosen Stornierung besteht.
"Bei allem Verständnis und – je nach Perspektive völlig divergierenden – Wünschen, wie mit der gegenständlichen Corona-Krise umzugehen ist, so kann und darf all das nicht dazu führen, dass geltenden Rechtsgrundlagen ignoriert werden bzw. Unternehmen agieren, als stünden diese zu ihrer Disposition", betont Zangerl. "Sonst hätte der europäische bzw. österreichische Gesetzgeber die maßgeblichen Gesetze – und dies verfassungs- und europarechtskonform (!) – dahingehend ändern müssen, dass alle Kunden ihre Zahlung, die sie für die abgesagten Reisen bereits getätigt hatten, einfach nicht mehr erstattet erhalten. Eine solche Regelung gibt es aber nicht und wir würden uns entschieden gegen solche Überlegungen auf dem Rücken der Konsumenten aussprechen."
Zangerl gibt desweiteren zu bedenken: "Außerdem ist zu bedenken, dass Reise- und Tourismusunternehmen von staatlicher Seite in vielfacher Weise unter die Arme gegriffen wird, von arbeits- und steuerrechtlichen Maßnahmen bis hin zu direkten Förderungen, die vom Steuerzahler finanziert werden. Auch vor diesem Hintergrund wäre es nicht gerecht, nun auch noch die Zahlungen der Kunden zwangsweise einzubehalten. Konsumenten sind auch von der Corona-Krise betroffen, nicht nur Unternehmen, etwa durch drastische Einkommenseinbußen aufgrund von Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit. Geraten Konsumenten in Zahlungsschwierigkeiten, haben sie aber keinerlei Recht, deswegen von einem Reisevertrag zurück zu treten oder die Reise zu verschieben. Genau dieses Recht reklamieren viele Reiseunternehmen heute. Hier muss man, umso mehr in Krisenzeiten, das Gesamtbild im Auge behalten und einen gesetzeskonformen gerechten Weg gehen."