Jährlich suchen rund 3.000 enttäuschte Urlauber in der Rechtsabteilung des VKI Rat. Die häufigsten Fälle sind Prospektunwahrheiten. "Der Sandstrand entpuppt sich als Steinplatte oder das Hotel liegt statt direkt am Strand in der Ortsmitte", nennt Ecker übliche Beispiele. Im Fall der vierköpfigen Familie hatte der Veranstalter zwar auf die Nähe des Flughafens hingewiesen, diese Tatsache den Urlaubern jedoch als Vorteil verkauft.
Schnell handeln
"Treten Reisemängel auf, sollte man sich so schnell wie möglich vor Ort an die Reiseleitung wenden, die Mängel rügen und Verbesserung verlangen", rät Ecker. Der versprochene und nicht gewährte Meerblick kann etwa durch einen Zimmerwechsel schnell behoben werden.
Doch nicht immer ist es möglich zu bekommen, was vertraglich vereinbart war. Dann empfiehlt die Expertin, die Mängel möglichst gut zu dokumentieren: "Fotos können im Nachhinein eine gute Hilfe sein, ebenso andere Urlauber, die später als Zeugen aussagen." Ein eingeschriebener Brief an die Reiseveranstalter ist zuhause der erste Schritt, um Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche geltend zu machen.
Unabhängig von einem Verschulden des Reiseveranstalters kann der Geschädigte Preisreduktion verlangen. Eine gute Orientierung für Reisende, Versicherungen, Reiseveranstalter, aber auch Richter und Anwälte ist dafür seit einigen Jahren die sogenannte "Frankfurter Tabelle". Dabei handelt es sich um eine Auflistung der häufigsten Reisemängel im Pauschaltourismus samt entsprechender Richt-Prozentwerte für Entschädigungssätze aus dem Titel der Gewährleistung. Auch eine "Wiener Liste", die anhand österreichischer Judikatur entstanden ist, führt Preisminderungssätze in Prozentangaben an. Beide Quellen sind nicht rechtsverbindlich. Sie dienen lediglich als Richtwert, ein Blick hinein gibt jedem Geschädigten jedoch sofort eine gute Größenordnung (siehe Anhang).
Eine höfliche Entschuldigung des Reiseveranstalters mit dem Hinweis, für den eingetretenen Schaden nicht verantwortlich zu sein, ist die häufigste Reaktion, weiß Ecker aus ihrer Erfahrung: "Ein Eingeständnis eigener Versäumnisse gibt es so gut wie nie. Trotzdem wird immer wieder Preisminderung gewährt, auch wenn die Veranstalter dabei ausdrücklich auf ihr Entgegenkommen, ihre Kulanz oder auf ihr besonderes Kundenservice hinweisen."
Pluspunkt Rechtschutzversicherung
Gelingt eine außergerichtliche Einigung nicht, so haben Urlauber ohne Rechtsschutzversicherung leider meist das Nachsehen. Das Risiko, im Prozess auch nur zum Teil zu unterliegen, ist angesichts des niedrigen Streitwertes und der hohen Verfahrenskosten beträchtlich. Führt der Weg jedoch vor Gericht, so sollte der Geschädigte möglichst schnell aktiv werden, auch wenn Gewährleistungsansprüche erst innerhalb von zwei Jahren nach Rückkehr aus dem Urlaub und Schadenersatzansprüche innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Schadens gerichtlich geltend gemacht werden müssen. Frische Beweise sind einfach besser verwertbar.
Am Bezirksgericht für Handelssachen und am Handelsgericht Wien (HG Wien) werden jährlich rund 150 Prozesse zum Thema Reisemängel entschieden, erzählt Alexander Schmidt, Vorsitzender eines Rechtsmittelsenats beim HG Wien: "Die Zahl jener, die klagen, ist noch höher."
Preisminderung oder Schadensersatz?
Während beim Thema Preisminderung häufig auch ohne Gerichte Einigung erzielt wird, geht es bei Schadenersatzforderungen so gut wie nie ohne Richter. Um Preisminderung geltend machen zu können, muss den Reiseveranstalter jedoch ein Verschulden am verpatzten Urlaub treffen. Als Richtwert für den Schaden wegen entgangener Urlaubsfreude (immaterielle Schadenersatz) gelten je Person etwa 50 Euro täglich", sagt Ecker.
In Fall des Schadenersatzes geht es jedoch darum, dass ein erheblicher Teil der Leistung, die versprochen war, nicht eingehalten wurde. Handelt es sich hingegen nur um geringfügige Mängel, so müssen diese vom Reisenden hingenommen werden. Ein Beispiel für einen geringen Mangel ist etwa, wenn man beim All-Inclusive-Urlaub am Bufett eine viertel Stunde anstehen muss. Das ist zwar ärgerlich, kann aber nicht als Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude abgegolten werden.
Geltend machen kann man jedoch etwa Schmerzensgeld nach dem klassischen Brechdurchfall, der sämtlichen Club-Urlaubern die Urlaubsfreude kostete und daher eine klare Beweiswürdigung ermöglicht. Ebenso erfolgreich wird man die daraus entstehenden möglichen materiellen Schäden, wie Heilungskosten oder Arztgebühren einklagen können.
Sowohl für Gewährleistungs- als auch Schadenersatzansprüche gilt, dass der Geschädigte sich nicht mit Wertgutscheinen zufrieden geben muss. Er hat Anspruch auf Geldersatz.