Steuertrickserei liegt nicht automatisch vor
Einzige Voraussetzung: Bevor man die auf der Webseite des ICIJ zugängliche Datenbank durchsuchen kann, werden die User belehrt, dass das alleinige Aufscheinen in dem Verzeichnis noch nicht automatisch bedeutet, dass Steuerhinterziehung vorliege. Es gebe auch legitime Gründe, warum jemand offshore eine Firma gründe. Auf jeden Fall muss im Internet ausdrücklich angeklickt werden, dass man diese Information auch verstanden hat.
Österreich kommt überproportional häufig in dem Online-Verzeichnis des ICIJ vor: Während deutsche Adressen rund 180 Mal aufscheinen, sind österreichische Domizile 34 Mal vertreten. Bei dem Verhältnis der Bevölkerungsgröße zwischen Deutschland und Österreich von 10 zu 1 ist die Alpenrepublik deutlich überrepräsentiert.
Den bisher sicher prominentesten Fall von in der ICIJ-Datenbank vorkommenden Personen, stellt sicherlich der Raiffeisen-Banker Herbert Stepic dar. Stepic - von manchen nahen Freunden nicht nur wegen seiner profunden Kenntnis der Verhältnisse in Russland - „Rasputin“ genannt - ist vor einigen Wochen auf öffentlichen Druck hin von seinem Amt als Chef der Raiffeisen Bank International zurückgetreten. Hinter vorgehaltener Hand hört man, noch viel mächtigere Österreicher als Stepic könnten ebenfalls in Kürze wegen Enthüllungen des ICIJ in Schwierigkeiten kommen.
Das Problem dabei: Nur dass eine Person derzeit nicht im ICIJ-Verzeichnis aufscheint, heißt nicht, dass für alle Zeiten keinerlei Querverbindungen feststellbar sind. Es könnte durchaus Österreicher geben, die durch Firmenkonstruktionen im In- und Ausland bisher ihre Anonymität wahren konnten. Wenn man Stepic etwas zu Gute halten will: Gerade sein Aufscheinen mit vollem Namen zeigt, dass er wohl oder übel gutgläubig gehandelt haben könnte. Ansonsten hätte er sich möglicherweise hinter einer ausländischen Firma verborgen.
Von den mehr als 30 österreichischen Adressen in der ICIJ-Datenbank stammen einige aus dem Bereich der Rechtsanwälte und Treuhänder, aber auch Branchen, mit denen man nicht gerechnet hätte, kommen vor: Eine Ärztin aus Graz oder etwa ein Malereibetrieb aus Kärnten und ein Unternehmer aus Niederösterreich. Wobei sich die Medizinerin laut einem Medienbericht in der „Kleinen Zeitung“ nicht erklären kann, warum ihre Daten aufscheinen.
Besonders auffällig ist eine Unternehmensberatung aus Wien mit dem klingenden Namen „Lighthouse“. Deren Geschäftsführer Mark Kalyagin war zuvor, wie aus dem Raiffeisen-Sektor zu erfahren war, um die Jahrtausendwende für die Raiffeisen-Zentralbank (RZB) tätig gewesen. Nach einer Pause von rund zwei Jahren begann der Steuerexperte Kalyagin 2003 - im Internet ist sogar ein Fachartikel zu diffizilen steuerrechtlichen Fragen von ihm auffindbar - seine Karriere als Chef von „Lighthouse“. Bei Raiffeisen legt man großen Wert auf die Feststellung, dass Kalyagins Erwerbsbiographie nicht nur Raiffeisen, sondern auch andere Stationen umfasst.