Unternehmen weiter in der Zinsklemme
Sollten sich die Erwartungen der meisten Marktteilnehmer tatsächlich am Donnerstag erfüllen, wird Draghi als zentrales Argument für eine weitere Lockerung der ohnehin expansiven Geldpolitik einen gestörten Transmissionsprozess in der Eurozone ins Feld führen. Aus dem in der vergangenen Woche veröffentlichten vierteljährlichen Kreditbericht der EZB geht hervor, dass die Unternehmen in den europäischen Krisenstaaten erneut schwerer ans Geld der Banken kommen, obwohl sich deren Refinanzierungsbedingungen verbessert haben. Laut EZB-Umfrage verschärften im ersten Quartal 2013 immerhin noch sieben Prozent der Banken die Anforderungen an ihre Schuldner. Von einer durch das billige EZB-Geld ermöglichten Trendwende kann also nicht die Rede sein.
Doch die EZB ist in einer schwierigen Lage. Während in Ländern wie Deutschland die Konjunktur einigermaßen robust ist und das billige Geld der Notenbanken zum Beispiel in Form von günstigen Hypothekenkrediten weitergereicht wird, haben sich in den Krisenstaaten die Kreditbedingungen eher noch verschärft. Deshalb werden die Währungshüter wohl die Geldschleusen erneut öffnen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Kaum Auswirkungen auf Baufinanzierungsdarlehen
Für potenzielle Eigenheimer dürfte der Zinsschritt der EZB, wenn er denn tatsächlich vollzogen wird, kaum Auswirkungen haben. Ob 0,5 oder 0,75 Prozent – der Unterschied ist für die Refinanzierung marginal. Außerdem macht sich die Notenbankpolitik zunächst am „kurzen Ende“ bemerkbar. Kredite mit langer Laufzeit könnten sogar entgegengesetzt reagieren. Die neue Geldflut wird die Anleger beruhigen und die Risikobereitschaft erhöhen. Eine Rotation aus sicheren Staatsanleihen in riskantere Anlagen wie Aktien hatte sich im Januar und Februar dieses Jahres abgezeichnet und wurde jäh von der Zypernkrise und der Italienwahl gestoppt. Nun könnte sich dieser Trend vorsichtig fortsetzen.