Biallo.at: Was erhoffen sich die Republikaner von einer Zahlungsunfähigkeit der USA?
Parhammer-Voglhuber: Bei der Diskussion darf man nicht vergessen, dass die nächsten Präsidentschaftswahlen bereits im November 2012 anstehen. Es geht nicht darum, eine Zahlungsunfähigkeit zu produzieren. Vielmehr geht es darum, sich bei der eigenen Wählerschaft zu profilieren. Eine Steuererhöhung für gutverdienende Personengruppen würde beispielsweise die republikanische Wählerschaft stärker treffen als die demokratische Klientel.
Biallo.at: Wen trifft eine Zahlungsunfähigkeit der USA als Ersten und wie wandert eine derartige Schockwelle dann weiter?
Parhammer-Voglhuber: Eine Zahlungsunfähigkeit der USA ist nach wie vor kein Basisszenario. Keine Partei will so kurz vor den Wahlen das - ohnehin auf wackeligen Beinen stehende und teuer finanzierte - und doch noch relativ geringe Wirtschaftswachstum riskieren.
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Biallo.at: Für wie lange wäre das Vertrauen von Gläubigern voraussichtlich erschüttert, falls die USA zahlungsunfähig werden? Träfe das dann auch die Republikaner selbst, falls sie die nächste Präsidentschaftswahl gewinnen?
Parhammer-Voglhuber: Der Fokus auf die Entwicklung der Finanzmärkte ist in den USA sehr ausgeprägt. Auch von internationaler Seite wird die Entwicklung besonders stark verfolgt, da der US-Anleihenmarkt ein Markt mit besonders großem Volumen ist, in dem viele internationale Anleger engagiert sind. Die aktuelle Diskussion ist also auch ein medienwirksamer Start in Richtung Präsidentschaftswahlen.
Biallo.at: Mitte August werden Zinszahlungen der USA von rund 30 Milliarden Dollar fällig. Wären die Folgen, falls es dann zu einer Zahlungsunfähigkeit der USA kommt, größer als bei der jüngsten Finanzkrise?
Parhammer-Voglhuber: Eine Zahlungsunfähigkeit ist nach wie vor sehr unwahrscheinlich. Der Präsident kann einen Antrag an den Kongress auf Anhebung der Schuldengrenze stellen. Falls der Kongress den Antrag ablehnt, hat der Präsident immer noch ein Vetorecht gegen diese Entscheidung. Nach jüngsten Analysen sind die Steuereinnahmen für August hoch genug um die Zinsen bedienen zu können, damit könnte man sich weiter Zeit "erkaufen".
Biallo.at: Ist der US-Staatshaushalt mit Kürzungen der Ausgaben sanierbar oder braucht es in den kommenden Jahren neue oder höhere Steuern, egal ob Demokraten oder Republikaner an der Macht sind?
Parhammer-Voglhuber: Der US Staatshaushalt sieht sich mit vielen Ausgaben, die unter den Titel "mandatory spending" fallen, konfrontiert. Diese Ausgaben stellen über 50 Prozent des Budgets für 2012. Darunter fallen Leistungen aus Sozialversicherung, Medicare und Medicaid, aber auch die Ausgaben für das TARP Programm. Insbesondere der Brocken der Gesundheitskosten wird durch die wachsende Anzahl an berechtigten Personen von Jahr zu Jahr steigen, und das möglicherweise trotz einer Reduktion der Leistungen. Es wird nicht reichen, nur an der Kostenschraube zu drehen. Eine umfassende Reform, die auch die Einnahmeseite - sprich die Steuern - betrifft, muss erarbeitet werden.
Biallo.at: Wie wird China voraussichtlich auf eine Zahlungsunfähigkeit der USA reagieren?
Parhammer-Voglhuber: Eine Erhöhung der Debt Ceiling ist auch möglich ohne dabei zu einer Einigung über mögliche Reformen kommen zu müssen. Seit den 50iger Jahren wurde die Debt Ceiling immer wieder erhöht. China ist der größte Gläubiger der USA: somit ist es auch aus außen- und wirtschaftspolitischen Gründen wichtig, eine Einigung zwischen den Parteien zu erzielen.
... ist Portfoliomanagerin für US-Aktien und globale High-Dividend-Aktien bei Volksbank Investments. Die studierte Handelswissenschaftlerin (Spezialisierung auf Investmentbanking & Kapitalmarktkommunikation) hat außerdem den VÖIG Lehrgang zum Certified International Investment Analyst (CIIA) absolviert. Sie ist bereits seit 2003 für das Investmenthaus der Volksbanken tätig.