Pröll setzt auf Doppelbesteuerungsabkommen
Dieser Standard sieht Auskunftserteilung vor, wenn eine ausländische Steuerbehörde eine konkrete Anfrage in einem konkreten Fall stellt, in dem dieser Behörde Hinweise auf steuerliche Unregelmäßigkeiten vorliegen. In Österreich wird in so einem Fall das Bankgeheimnis durchbrochen, weil Österreich de facto bei jedem Verdacht auf steuerliche Unregelmäßigkeiten ein Finanzstrafverfahren einleitet. Da andere Länder aber ein anders organisiertes Rechtssystem haben, konnte Österreich bisher in manchen Fällen aus formalen Gründen keine Auskünfte bezüglich Kontodaten erteilen.
Dieser Informationsfluss wird nun im Rahmen der Doppelbesteuerungsabkommen neu organisiert, so dass für Inländer und Ausländer das Bankgeheimnis gleich streng ist. Das Bankgeheimnis selbst, das in Paragraf 38 Bankwesengesetz (BWG) geregelt ist, bleibt jedoch bestehen. Der automatische Informationsaustauch, wie ihn manche in der EU gerne sehen würden, ist für uns kein Thema, so Pröll. „Wir beschreiten den Weg Bankgeheimnis mit Informationsaustausch bei konkreten Anfragen aufgrund eines Verdachts auf steuerliche Unregelmäßigkeiten“.
Wirtschaftskammer Österreich
Ja zum Bankgeheimnis - Nein zu Missbrauch
Position der Grünen
Ein Aus stärkt die Gerechtigkeit
EU-Steueroasen
Aufweichung des Bankgeheimnisses
Steueroasen
Lockerung des Bankgeheimnisses
Steueroasen
Risse im Bankgeheimnis
Aus für Trusts oder Briefkastenfirmen
Für die Beibehaltung des Bankgeheimnisses spricht, dass die Privatsphäre in Österreich traditionell eine große Bedeutung hat, meint Pröll. Er weist darauf hin, dass Österreich den Datenschutz sogar im Verfassungsrang festgeschrieben hat. „Gerade Daten über persönliche Finanzen zählen zu den sensibelsten überhaupt. Es wäre also unlogisch, genau hier besonders freizügig zu sein“, ist Pröll überzeugt.
Ein weiteres Argument für den Finanzminister ist, dass das Bankgeheimnis nur im internationalen Gleichklang aufgegeben werden kann. „Solange es Länder gibt, die über Steuerschlupflöcher wie zum Beispiel Trusts oder Briefkastenfirmen verfügen und deren Finanzsektor im Wettbewerb mit dem österreichischen steht, führt eine Aufgabe des heimischen Bankgeheimnisses lediglich zu Kapitalabflüssen ins Ausland und zu einem Schaden für die heimische Wirtschaft, aber nicht zu zusätzlicher Transparenz“, argumentiert Pröll.
Das Bankgeheimnis wird in der geltenden Form daher weiter bestehen bleiben. Das heißt, der Paragraf 38 BWG wird nicht verändert werden. Pröll bleibt bei seiner politischen Linie zum Thema Bankgeheimnis: „Personenbezogene Daten wie zum Beispiel Religionszugehörigkeit oder Gewerkschaftsmitgliedschaft stehen in Österreich unter besonderem Schutz - da wäre es doch merkwürdig, wenn wir Behörden gleichzeitig erheben lassen würden, wieviel Geld eine bestimmte Person zum Beispiel für Alkohol oder Medikamente ausgegeben hat.“
Verantwortung für Steuersystem kann man nicht an EU delegieren
Auch wenn es um die Steuerharmonisierung in der Europäischen Union geht, hat der ÖVP-Parteichef eine klare Haltung: „Die Frage, wie man ein Steuersystem gestaltet, ist eine der wichtigsten überhaupt für eine nationale Regierung. Diese Verantwortung kann man nicht an eine andere Instanz delegieren.“ Für Pröll ist eine Harmonisierung ist nur dort sinnvoll, wo sie zur Vereinfachung beiträgt, Handelshemnisse beseitigt und den Wettbewerb ankurbelt.
Josef Pröll
Der 1968 geborene Niederösterreicher studierte an der Universität für Bodenkultur Wien Agrarökonomie. Berufliche Etappen: Direktor des Wiener Bauernbundes, Kabinettschef von Bundesminister Wilhelm Molterer im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Direktor des Österreichischen Bauernbundes, Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Seit November 2008 ist er Parteiobmann der Österreichischen Volkspartei, seit November 2008 Bundesminister für Finanzen der Republik Österreich. Josef Pröll ist verheiratet und hat drei Kinder.