Abfertigung: Nur noch wenige Tage bis zum Fristende für Systemwechsel
Für viele Unentschlossene wird die Zeit knapp, denn die vom Gesetzgeber festgesetzte Zehnjahresfrist, in der ein Umstieg vom alten ins neue Abfertigungsmodell möglich ist, endet zur Jahreswende.
So mancher Arbeitgeber versucht sich diese Unschlüssigkeit zunutze zu machen und zeigt sich bemüht, seinen Angestellten das neue System schmackhaft zu machen, so die Arbeiterkammer Salzburg. Die AK-Experten orten hinter derartigen Überredungsversuchen meist weniger Fürsorglichkeit, sondern materielles Kalkül: Bei einem Wechsel sollen Arbeitnehmer auf bereits erworbene Ansprüche verzichten.
Worauf Sie unbedingt achten müssen
Um vom System Alt ins System Neu wechseln zu können, müssen der Dienstgeber sowie der Arbeitnehmer schriftlich zustimmen. Der Dienstgeber hat im Fall eines solchen Wechsels als Abgeltung der bereits erworbenen Ansprüche im alten System einen Übertragungsbetrag an die Mitarbeitervorsorgekasse zu bezahlen.
Vorsicht:Die Höhe dieses Betrages kann frei vereinbart werden, darf jedoch nicht „unverhältnismäßig niedrig“ sein. Konkret heißt das, sie darf nicht unter 50 Prozent des Abfertigungsanspruches liegen.
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass der Dienstgeber bis zu 50 Prozent der bereits erworbenen Abfertigungsansprüche einsparen kann. Zwar existiert noch eine Mischvariante, bei der bereits erworbene Abfertigungsansprüche eingefroren werden und für die auch das alte Abfertigungsgesetz gilt. Das neue Recht gilt dann für zukünftige Beiträge ab einem Stichtag, wenngleich der Nachteil bestehen bleibt, dass bei Selbstkündigung alte Ansprüche verloren gehen.
Drogeriekette DM als Vorbild
Es gibt aber auch Positivbeispiele, nämlich Firmen, die mit Wechselwünschen ihrer Mitarbeiter fair umgehen; so zahlt beispielsweise die Drogeriekette DM hundert Prozent des alten Abfertigungsanspruches als Übertragungsbetrag an die Vorsorgekasse.
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Die entscheidende Schwachstelle bei der Abfertigung-Neu
Ein entscheidender Vorteil im neuen System ist die Beibehaltung des Abfertigungsanspruches auch im Falle einer Selbstkündigung. Zudem haben auch Lehrlinge Anspruch auf eine Abfertigung. Der wesentlichste Schwachpunkt liegt dagegen im System begraben: bei der Abfertigung Neu zahlt der Arbeitgeber 1,53 Prozent des Bruttoentgeltes in eine Vorsorgekasse ein. Diese gaben eine Zielrendite von sechs Prozent an, mit dieser sollte bei einer durchschnittlichen Lebensarbeitszeit eine Abfertigung in Höhe eines Jahresgehaltes erzielt werden. Wie die Praxis dagegen zeigt, ist diese Rendite bei weitem nicht einhaltbar. Im Schnitt werden bloß zwei bis drei Prozent erwirtschaftet, was bestenfalls der Inflationsrate entspricht, 2011 waren es gar nur 0,2 Prozent!
Keine Chance auf Abfertigung in Höhe eines Jahresgehalts
Auch der Gesetzgeber ist bei Beschluss der Abfertigung Neu und bei der Festsetzung des – sehr niedrigen – Dienstgeberbeitrages von 1,53 Prozent von eben dieser sechs prozentigen Kapitalverzinsung ausgegangen. Und irrte damit ebenso wie die Vorsorgekassen. „Die Annahme von durchschnittlich sechs Prozent Verzinsung über den gesamten Zeitraum war von Anfang an unrealistisch, “so der Präsident der Arbeiterkammer Salzburg Siegfried Pichler. “Von diesem vorgegebenen Ziel sind wir meilenweit entfernt.“ Auf den Punkt gebracht heißt das aber, dass Arbeitnehmer im System Neu in der Regel keine Chance haben, so wie im System Alt jemals zu einem Jahresgehalt Abfertigung zu gelangen."
In der Abfertigung Alt werden die Ansprüche nämlich nach der Dauer der Unternehmenszugehörigkeit bemessen, nach 25 Dienstjahren hat man einen Abfertigungsanspruch in Höhe eines Jahresgehaltes. Pichler weiter: „ Aus diesem Grund fordere ich, dass der Dienstgeberbeitrag deutlich erhöht wird, nämlich auf 2,5 Prozent. Damit könnte annähernd das vom Gesetzgeber seinerzeit angepeilte Ziel erreicht werden. Eine diesbezügliche Novellierung des Gesetzes ist für Pichler deshalb unabdingbar.
Vorsicht bei Systemwechsel
Derzeit sind rund 60 Prozent aller unselbstständigen Erwerbstätigen, wozu seit 2008 auch freie Dienstnehmer und Gewerbetreibende zählen, im neuen System. Über 4,2 Milliarden Euro an Veranlagungsgeldern liegen so in den Kassen. Mag. Heimo Typplt, Leiter der Rechtsabteilung der Arbeiterkammer Salzburg, mahnt zur Vorsicht: „Ein Wechsel in die Abfertigung Neu sollte gut überlegt sein und bringt letztlich nur dann Vorteile, wenn in absehbarer Zeit ein Arbeitergeberwechsel geplant ist.“