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Italien
 
25.07.2012

Italien Rechtsunsicherheit und Korruption als Hauptübel

Von Erwin J. Frasl
Die Hypo Capital Management AG hat eine brandaktuelle Studie zu Italien erstellt. Biallo.at sprach mit Vorstand Mag. Andreas Schuster von der HYPO Capital Management AG über die aktuelle Lage des angeschlagenen Euro-Landes.
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Mag. Andreas Schuster, CFA, ist Mitglied des Vorstandes der HYPO Capital Management AG
Biallo.at: Die Rating-Agentur Moody's hat die Kreditwürdigkeit Italiens jüngst herabgestuft. Die Bewertung italienischer Staatsanleihen wurde um zwei Stufen von A3 auf Baa2 gesenkt. Wird es Italien schaffen, seine Verschuldung zu senken?

Andreas Schuster: Wie unsere Analyse zeigt, sind die Primärüberschüsse Italiens, die immer wieder zitiert werden, in den letzten Jahren stetig gesunken, von ca. 6,0 Prozent in den späten 1990er Jahren auf gerade noch 1,0 Prozent in 2011. Unter der Annahme einer Rezession 2012 wird trotz der einnahmenerhöhenden Massnahmen ein Überschuss vor Zinsendienst nicht mehr erzielbar sein. Die Wechselwirkung aus höheren Steuern- Rezession- weiteren Steuererhöhungen- weiter sinkenden Staatseinnahmen ist mittlerweile aus Griechenland und Spanien wohlbekannt.

Biallo.at: Die Hypo Capital Management stellt in ihrer aktuelle Analyse zu Italien fest, dass Italien von der Euro-Einführung nicht profitiert hat. Handels- und Leistungsbilanz sind seit der Jahrtausendwende chronisch negativ. Was sind hier die Hauptursachen?

Schuster: Ursache ist generell die verringerte Wettbewerbsfähigkeit, die sich unter anderem in zu hohen Lohnstückkosten manifestiert. Man könnte auch aus historischer Perspektive mutmassen, dass der Lire-Kurs beim Euro-Beitritt zu hoch angesetzt wurde. Viele der italienischen Exportprodukte leiden unter der billigeren asiatischen Konkurrenz und sind leichter zu substituieren als Premium-Produkte nordeuropäischer Hersteller. Den Luxussektor muss man hier als Ausnahme nennen. Chronische Schwächen sind aber auch die mangelnde Attraktivität des Standortes aufgrund der Rechtsunsicherheit und der weitverbreiteten Korruption. Bezeichnenderweise erfüllt nicht einmal die italienische Anti-Korruptionsbehörde internationale Standards und wird in den Berichten von Transparency International negativ erwähnt.

Biallo.at: Sie analysieren, dass auch die für Italien so wichtige Tourismusbranche den Euro-Beitritt für neuen Schwung nicht nützen konnte. Was sind hier die größten Mängel?

Schuster: Die Probleme sind im wesentlichen die gleichen wie in der Industrie, zu höhe Löhne im Vergleich zur Produktivität. Dies tritt im Dienstleistungssektor nur nicht so offensichtlich und leicht messbar zutage wie in der Industrie. Aufgrund der geringeren Substitutionsmöglichkeit hat sich der Tourismus aber noch vergleichsweise besser gehalten. Man kann das Kolosseum eben nicht in der Türkei besichtigen. Dazu kommt, dass Italiener bevorzugt im eigenen Land urlauben.
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Biallo.at: Italien hat die drittniedrigsten Erwerbsquote im OECD-Vergleich. Gönnen sich die Italiener einen zu frühen Pensionsantritt oder wird das durch zu hohe Arbeitslosigkeit verursacht?

Schuster: Die Italiener gönnen sich hier eine Menge Schwächen: unter allen OECD Staaten hat Italien die zweitniedrigste Erwerbsquote. Weitere Punkte sind eine zu geringe Einbeziehung der Frauen in den Erwerbsprozess (hier liegt Italien sogar deutlich hinter Griechenland), ein generell niedriges Bildungsniveau und eine der grosszügigsten Pensionsregelungen. So leben Italiener im Schnitt 27 Jahre in der Pension, der entsprechende Wert für Deutschland liegt bei unter 21 Jahren.

Biallo.at: Italien hat eine große Industrie, tolle weltweit bekannte Marken – warum ist dann das Wachstumspotential der italienischen Wirtschaft so schwach, wie Sie in Ihrer Italien-Studie feststellen?

Schuster: Natürlich ist Italien kein hoffnungsloser Fall, es gibt Industrie und weltbekannte Marken. Aber das Land ist in den letzten zehn Jahren stagniert, während andere an sich gearbeitet haben. Stillstand bedeutet, dass man im vergleichenden Ranking zurückfällt, auch wenn der Stillstand auf hohem Niveau stattfindet. Und je länger die Stagnation gedauert hat, desto schwieriger wird es, wieder aufzuschliessen. Man darf aber auch nicht vergessen, dass die Bedienung der hohen Staatsschuld eine gewaltige Bremse für das Wachstum darstellt. Das Geld für die Zinsen fehlt an anderer Stelle. Hier lukrieren Staaten wie Deutschland aktuell gewaltige Vorteile, während der Trend für Italien in die andere Richtung geht.

Biallo.at: Die italienischen Banken präsentieren sich laut Hypo Capital Management-Studie im europäischen Vergleich schwach. Was läuft da schief?

Schuster: Das Hauptgeschäft der italienischen Banken liegt in Italien, und damit sind sie natürlich dem generell schwachen Umfeld ausgesetzt. Obwohl es in Italien keine Immobilienblase wie in Irland und Spanien gegeben hat, haben italienische Banken eine Menge an problematischen Krediten in den Büchern. Deren Gesamtzahl hat sich seit Ausbruch der Krise 2008 auf etwa 200 Milliarden Euro verdreifacht. Die Abhängigkeit der Banken von den Kapitalmärkten auf der Refinanzierungsseite ist hoch, und das Exposure in italienischen Staatsanleihen ist hoch und steigend. Hier liegen die Banken mit 14 Prozent auf Platz 1 in Europa. Eine etwaige Restrukturierung der Staatsschulden würde den Bankensektor daher hart treffen.

Mag. Andreas Schuster

...  ist seit 2007 als Leiter Fixed Income bei der HYPO Capital Management beschäftigt und seit 2010 Mitglied des Vorstandes.Nach seinem Studienabschluss der Betriebswissenschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien und als Chartered Financial Analyst begann er seine berufliche Laufbahn als Quantitativer Analyst und Fondsmanager bei der Constantia Privatbank und wechselte später zu Pioneer Investments Austria. Die Hypo Capital Management AG ist eine österreichische Asset Management Boutique mit rund 1,8 Milliarden Assets under Management & under Advice. Das 2006 gegründete Unternehmen steht zu 75 Prozent im Eigentum der Kathrein Privatbank AG und zu 25 Prozent im Eigentum der HYPO NOE Gruppe Bank AG. Zu den Kernkompetenzen der Hypo Capital Management AG zählen das Management von Staatsanleihen, Unternehmensanleihen und Bankanleihen/ Financials (besicherte Anleihen bis Hybridanleihen). Die Hypo Capital Management richtet sich mit ihrem Dienstleistungsangebot ausschließlich an institutionelle Anleger. Für Partner & Drittanbieter werden Publikumsfonds auf B2B Basis verwaltet.

 

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