Wikifolio.com-Gründer und CEO Andreas Kern verrät im Interview, wie das Anlegen in Wikifolios funktioniert, welche Gebühren anfallen, und warum er selbst unter anderem auch in ETFs und Tagesgeld anlegt.
biallo.at: Bei wikifolio.com legen erfahrene Händler ihre Strategien offen, denen jeder folgen kann, indem er das Portfolio via Zertifikat sozusagen nachkauft. Wie profitiert ein Privatanleger davon?
Kern: Auf wikifolio.com hat jeder Interessierte Zugang zu mehreren tausend Wikifolios. Das sind Musterdepots, in denen sowohl private Händler als auch professionelle Vermögensverwalter und Redakteure renommierter Finanzmedien ihre Handelsstrategien veröffentlichen. Entspricht ein Wikifolio bestimmten Kriterien – der Trader muss sich zum Beispiel bei uns legitimieren und sich an redaktionelle Standards halten – und erhält das Wikifolio mindestens zehn Stimmen aus der Community, wird auf seiner Basis ein besichertes Wikifolio-Zertifikat aufgelegt.
Jeder Nutzer von wikifolio.com kann alle Wikifolios jederzeit einsehen. Das aktuelle Depot, die Käufe und Verkäufe sowie die Kommentare des Traders sind in Echtzeit verfügbar. Die Registrierung bei uns ist völlig kostenlos und unverbindlich. Interessierte Anleger können nun Wikifolios aussuchen, die am besten in ihr Portfolio passen und die zugehörigen Zertifikate bei ihrer Bank oder ihrem Online-Broker kaufen. So holen sie sich die Wertentwicklung der Musterdepots direkt ins eigene Depot.
biallo.at: Was sind die Gründe, weshalb ein Konsument bei Ihnen sein Geld anlegen sollte und nicht zum Beispiel klassisch in Form eines Bausparers?
Kern: Wikifolio-Zertifikate sind eine gute Option zur Diversifizierung im eigenen Wertpapierportfolio. In einem klassischen Portfolio mit beispielsweise Aktien und ETFs oder Fonds können Wikifolio-Zertifikate als dynamische Beimischung eine sehr gute Ergänzung sein.
biallo.at: Wie sieht es mit Anlegern aus, die noch keine Aktien oder Fonds haben und sich erstmals auf den Kapitalmarkt wagen?
Kern: Auch wer die ersten Schritte am Kapitalmarkt machen möchte, kann von Wikifolios profitieren. Da alle Handelsstrategien auf der Plattform völlig transparent und nachvollziehbar sind, können Interessierte den Tradern über die Schulter schauen und jeden Schritt beobachten und von ihnen lernen.
Darüber hinaus kann natürlich jeder sein eigenes Wikifolio eröffnen und seine Handelsstrategie ausprobieren. Wenn es gut läuft, ist dann vielleicht schon der Grundstein für ein weiteres Wikifolio-Zertifikat gelegt.
biallo.at: Welche Gebühren fallen für private Anleger bei wikifolio.com an?
Kern: Die Nutzung von wikifolio.com ist sowohl für Anleger als auch für Trader kostenfrei. Erst bei Investition in ein Wikifolio-Zertifikat fallen Gebühren an, die allerdings bereits im Zertifikatekurs berücksichtigt sind.
Diese Gebühren setzen sich aus zwei Elementen zusammen: die Zertifikate-, und die Performancegebühr. Um unser Kostenmodell möglichst fair und transparent zu gestalten, verzichten wir auf Ausgabenaufschläge und versteckte Gebühren.
Die Wikifolio-Zertifikategebühr beträgt zurzeit bis zu 0,95 Prozent jährlich und wird täglich anteilsmäßig verrechnet. Die Performancegebühr liegt zwischen null und 30 Prozent des erzielten Erfolges im Wikifolio und wird vom Gewinn nach dem High-Watermark-Prinzip berechnet. Die Performancegebühr wird zwischen wikifolio.com und dem Trader aufgeteilt. Der Trader verdient also auch Geld, aber nur dann, wenn er Rendite für die Anleger erwirtschaftet.
biallo.at: Anlegen in Wertpapiere bedeutet natürlich immer auch ein Risiko. Manche sagen auch bereits einen Crash des Aktienmarktes voraus. Wird dieser Ihrer Ansicht nach in naher Zukunft kommen?
Kern: Langfristig sind Aktien die Anlageklasse mit dem besten Verhältnis aus Risiko und Rendite. Dies belegen viele Studien, die zum Teil bis ins 19. Jahrhundert zurückgehen und das hat sich auch seit der letzten Finanzkrise nicht geändert. Zusätzlich bieten Aktien auch einen langfristigen Schutz vor Inflation, ein Thema, das erst seit der schrittweisen Auflösung der Goldbindung der Weltwährungen in der Mitte des letzten Jahrhunderts weltweit relevant ist. Wichtig ist in jedem Fall, nicht alle Eier in einen Korb zu werfen, d.h. breit zu diversifizieren. Und gerade hier können Wikifolio-Zertifikate sehr hilfreich sein.
biallo.at: Sie haben das Fintech Wikifolio 2012 gegründet. Wie entstand die Idee?
Kern: Eigentlich hat alles mit einem Ärgernis begonnen. Meine Hausbank legte mir ein bestimmtes Finanzprodukt wärmstens ans Herz. Als ich nachgerechnet habe, wie ertragreich das Produkt für mich als Anleger bisher gewesen wäre, zeigte sich, dass das Produkt seit 65 Jahren nur Gebühren verursacht und praktisch keine Rendite abgeworfen hätte. Da dachte ich mir, das muss doch – gerade in Zeiten des Internets und von Social Media – einfacher, transparenter und auch fair gehen. Denn nicht jeder hat das Wissen und die Zeit, mathematische Backtests für vom womöglich provisionsorientierten Bankberater empfohlene Produkte zu machen. So reifte die Idee von einer Plattform, wo jeder seine Handelsstrategien völlig transparent für andere zugänglich machen kann.
biallo.at: Wie sieht Ihre private Geldanlage aus? Haben Sie neben Wikifolios auch zum Beispiel Tagesgeld?
Kern: Das ist einfach erklärt: Meine größte Vermögensposition sind wohl die Anteile am Unternehmen Wikifolio, gefolgt von Investitionen in Wikifolio-Zertifikate, ETFs und auch einen Block Tagesgeld, da ich mich gerade für einen Immobilienkauf in Stellung bringe. Wenn das abgeschlossen ist, fühle ich mich ausreichend diversifiziert.
biallo.at: Herr Kern, vielen Dank für das Gespräch.