Anleger fragen sich auch hierzulande: Wie wird der Handelskrieg zwischen den USA und China weitergehen? Mehrere Szenarien sind möglich.
US-Präsident Donald Trump hat die meisten Analysten und Anleger – und angeblich auch die chinesischen Regierungsbeamten – auf dem falschen Fuß erwischt, als er den Handelskrieg per Tweet eskalieren ließ. Auf Twitter verkündete er neue erhöhte Zölle auf chinesische Waren zum 1. September – und die Chinesen reagierten prompt mit einem Einkaufsstopp für US-amerikanische Agrarprodukte. Die Eskalation kam überraschend: Die Experten der Danske Bank AM gingen davon aus, dass die US-Amerikaner und Chinesen im Laufe der zweiten Jahreshälfte 2019 ein Handelsabkommen treffen werden. Das hat sich mit den jüngsten Entwicklungen jedoch definitiv geändert.
Nun seien drei Zukunftsszenarien möglich, wobei zwei davon besagen, dass es vor der US-Präsidentschaftswahl im November 2020 kein Handelsabkommen gibt. Die Wahrscheinlichkeit für diese zwei Szenarien liegt zusammengefasst bei 60 Prozent. Deshalb ist das von der Danske Bank AM ausgemachte Hauptszenario, dass die USA und China erst nach der Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr ein Handelsabkommen erzielen werden. Die Expeten der Danske Bank AM machen folgende Szenarien aus:
DAS GUTE SZENARIO: Noch vor der Präsidentschaftswahl wird eine Einigung erzielt
Wahrscheinlichkeit: 40 Prozent
Der chinesische Boykott von Agrarprodukten aus den USA wirkt auf die US-amerikanischen Landwirte wie der sprichwörtliche Schlag in die Magengrube. Deshalb könnten die Stimmen der ländlich geprägten Wähler bei der US-Präsidentschaftswahl den entscheidenden Ausschlag in den wichtigen Swing-Staaten wie Ohio und Wisconsin geben. Wenn sich die Umfragewerte für Donald Trump zu stark verschlechtern, kann ihn das irgendwann dazu veranlassen, seine Forderungen gegenüber den Chinesen zu lockern und doch noch ein Abkommen einzugehen, das unter anderem bedeutende chinesische Käufe von US-amerikanischen Agrarprodukten gewährleistet. Niedrigere Zölle auf US-Autos könnten ein anderer Bestandteil des Abkommens sein, um dem wichtigen Swing-Staat Michigan, dem Zentrum der Automobilindustrie in den USA, entgegenzukommen.
Das Weiße Haus hat trotz der jüngsten Eskalation die Tür für ein Handelsabkommen noch nicht vollständig zugeschlagen. Donald Trumps Wirtschaftsberater Larry Kudlow besänftigte die Chinesen zuletzt und blickte optimistisch auf die anstehenden Verhandlungen mit chinesischen Wirtschaftsvertretern im September in Washington. Des Weiteren erklärte er, dass der US-Präsident mit den Zöllen flexibel sei. Das zeige, dass die Amerikaner letzten Endes weiterhin ein Handelsabkommen gegenüber einer Situation ohne Abkommen bevorzugen.
DAS SCHLECHTE SZENARIO: Der Handelskrieg zieht sich in die Länge, eskaliert aber nicht
Wahrscheinlichkeit: 35 Prozent
Unsicherheit ist immer Gift für die Finanzmärkte, und gegenwärtig sind die beiden Parteien augenscheinlich sehr weit voneinander entfernt. Ein absolut denkbares Szenario ist: Die aktuelle Situation zieht sich in die Länge, eskaliert aber trotz der harten Rhetorik nicht. Es könne Donald Trump bei der nächsten Wahl teuer zu stehen kommen, wenn er das politische Fundament, das die starke Wirtschaft ihm verliehen hat, untergräbt. Die Chinesen haben bislang demonstriert, dass sie im Handelskrieg nicht diejenigen sind, die neue Sanktionen einleiten. Wenn sie aber getroffen werden, zögern sie nicht mit einem Gegenschlag. Deshalb gehen die Experten nicht davon aus, dass die Chinesen den Handelskrieg zwingend weiter eskalieren möchten. Andererseits kann es durchaus sein, dass sie in Wirklichkeit nicht sonderlich an einem Handelsabkommen mit Donald Trump interessiert sind, da sie mit einem demokratischen Präsidenten nach der US-amerikanischen Präsidentschaftswahl eine bessere Einigung erzielen können. Deshalb dürfte es ihnen durchaus recht sein, wenn die aktuelle Situation Donald Trump in seiner Heimat sowohl wirtschaftlich als auch politisch zermürbt.
Was den US-Präsidenten anbelangt, könne ihn eine nachhaltige Schwäche der US-Wirtschaft und der Aktienmärkte als Folge des Handelskrieges von neuen Sanktionen gegen die Chinesen abhalten. In den vergangenen Jahren hat er immer wieder die starke US-Wirtschaft als Nachweis seines großen Erfolges als Präsident hervorgehoben. Gegenteilige wirtschaftliche Rahmendaten bei einer sich konsolidierenden oder sogar rückläufigen Konjunkturentwicklung könnten ihm somit das wesentliche politische Fundament entziehen.
DAS GRAUSAME SZENARIO: Donald Trump setzt im Handelskrieg alles auf eine Karte
Wahrscheinlichkeit: 25 Prozent
Es ist sicherlich nicht ausgeschlossen, dass Donald Trump eine weitere Eskalation des Handelskriegs beschließt. Vielleicht ist er der Meinung, dass er bei seinen Wählern auf den größten Rückhalt stößt, wenn er so hart wie möglich gegen China vorgeht – oder dass er, wenn er mit neuen Sanktionen alles auf eine Karte setzt, China dazu zwingen kann, seinen Wünschen und Forderungen nachzugeben. Allerdings lassen sich die Chinesen nicht so einfach zu Eingeständnissen zwingen und diese Strategie führt nicht zu einem Handelsabkommen vor der Präsidentschaftswahl.
Eine Eskalation könne beispielsweise aus einer weiteren Erhöhung der Zölle von zehn auf 25 Prozent auf chinesische Waren im Wert von 300 Milliarden US-Dollar bestehen (die jüngste Eskalation war die Ankündigung von Zöllen in Höhe von zehn Prozent mit Wirkung seit 1. September). Oder aus Sanktionen gegen chinesische Finanzunternehmen, die deren Zugang zum US-Dollar und zu US-amerikanischen Vermögenswerten einschränken, sowie aus einem Währungskrieg, in dem die Amerikaner den US-Dollar gegenüber dem chinesischen Yuan schwächen, um die Konkurrenzfähigkeit der US-Unternehmen zu stärken.
Verfolgt Donald Trump diesen Weg, könne die Weltwirtschaft in eine Rezession stürzen – und genau diese massiv negative Auswirkung ist das stärkste Argument gegen die Möglichkeit, dass Donald Trump diese Lösung wählt. Denn klar wäre in solch einem Fall: auch die US-Wirtschaft und der US-Aktienmarkt würden stark beeinträchtigt. Doch vielleicht überschätzt Donald Trump die Stärke der US-Wirtschaft und den politischen Gewinn, den er durch die Demonstration eines harten Kurses gegenüber den Chinesen erzielen kann.
Auf Nummer sicher gehen
Wie es mit den USA und China weitergeht, ist ungewiss. Mit kurzlaufendem Festgeld gehen Sie aber auf Nummer sicher. Aktiengewinne lassen sich aber auch auf einem soliden Tagesgeldkonto parken.