Als "Sprachrohr der Jugend" möchte NEOS in Österreichs Politik anpacken und umsetzen. Wie packend sind die Antworten auf Themen wie Bildung, Pension oder Steuern?
Gesundheit: Die Medizin wird immer leistungsfähiger, aber sie wird auch immer teurer. Sollen die steigenden Kosten der Gesundheitsversorgung aus dem Steuertopf abgedeckt werden, oder aus höheren Sozialversicherungsbeiträgen der Versicherten? Oder soll die Höchstbeitragsgrundlage erhöht werden, so dass Bürger mit höherem Einkommen auch höhere Sozialversicherungsbeiträge zahlen?
NEOS: Wie man in den letzten Jahren gesehen hat, kann man bei den Gesundheitskosten noch ziemlich sparen. Erst sollten hier alle Möglichkeiten genutzt werden, bevor man an Erhöhungen der Beiträge denkt. Alle Krankenkassen waren 2012 positiv!
Sparpotenzial heben wir insbesondere durch effizientes medizinisches (d.h. ärztliches und pflegerisches) sowie ökonomisches Management. Durch Maßnahmen wie unter anderem einen deutlichen Ausbau der Prävention und eine Umschichtung von Mitteln in diesen Bereich kann der Teuerung durch Kostensenkungen in anderen Bereichen entgegengewirkt werden.
Zudem ist das intransparente System der Finanzierung unseres Gesundheitssystems (teils Krankenkassenbeiträge, teils Steuergeld, teils Zuschüsse aus anderen Bereichen) kontraproduktiv. Wir brauchen hier eine Vereinheitlichung sowie Zahlungs- und Kostentransparenz.
Darüber hinaus müssen wir die Finanzierung der Pflegekosten langfristig sichern. Hier sehen wir zwei Ansätze: Einmal die private und betriebliche Vorsorge auf Pflege auszudehnen und entsprechend zu fördern (siehe auch Punkt 4) und zum anderen die Einbindung in die allgemeine gesetzliche Gesundheitsvorsorge.
Steigende SV-Beiträge verteuern die Kosten der Arbeit und haben Auswirkungen auf die Arbeitsmarktsituation und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Sie sind nicht notwendig, wenn wir das System besser organisieren und daher abzulehnen.
Arbeitslosigkeit: Wie wollen Sie die hohe Arbeitslosigkeit bekämpfen? Durch höhere Staatsverschuldung um mit öffentlichen Aufträgen die Wirtschaft zu beleben? Durch stärkere Förderung für Unternehmensgründungen? Durch finanzielle Anreize für Unternehmen, mehr zu investieren? Oder durch eine Arbeitszeitverkürzung bzw. längeren Urlaub für alle?
NEOS: Man darf nicht übersehen, dass wir uns mitten in einer globalen Krise befinden und die österreichischen Arbeitslosenzahlen nicht so schlecht sind. Zudem werden die Arbeitslosenzahlen von selbst wieder sinken, wenn wir die Staatsschulden verringern, keine Bankenhilfsgelder (im In- und Ausland) mehr benötigen und daher wieder mehr Geld für Investitionen da ist, und wenn die Baby Boomer verstärkt in Pension gehen. Experten befürchten in zehn Jahren sogar einen Arbeitskräftemangel. Wichtigster Hebel ist aber die Bildung. Hier muss viel geschehen (auch bei den Migranten). Denn schlecht ausgebildete junge Menschen werden es auch in Zukunft extrem schwer haben.
Pensionen: Wie wollen Sie die Pensionen sichern? Durch eine Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters auf 65 Jahre für Männer und 60 Jahre für Frauen? Oder durch eine allgemeine Anhebung des Pensionsantrittsalters bzw. soll zuerst das gesetzliche Pensionsantrittsalter von Frauen jenem der Männer mit 65 Jahren angeglichen werden?
NEOS: Es hat wenig Sinn, dass gesetzliche Pensionsalter anzuheben, wenn wir beim faktischen nicht weiter kommen. Durch höhere Abschläge bei früherem Pensionsantritt, die Abschaffung der abschlagsfreien Hacklerpension und die rasche Anhebung des Frauenpensionsalters wird das faktische Antrittsalter schnell steigen. Die Anhebung des Frauenpensionsalters soll Frauen vor allem auch die Möglichkeit geben, auf gleiche Pensionen zu kommen wie Männer.
Außerdem ermöglicht die Stufen- bzw. Flexipension (Pensionsantritt in einem Korridor mit Zu- und Abschlägen) Männern und Frauen, auch früher in den Ruhestand zu gehen, wenn dies gewünscht ist. Der Geschlechtergerechtigkeit trägt auch das verpflichtende Pensionssplitting bei Kindererziehung ohne Beschäftigung Rechnung, das den Frauen zu höheren Pensionen verhilft und damit einen vorzeitigen Pensionsantritt erleichtert.
Nationalratswahl 2013:
Was sind für Sie besonders dringliche Anliegen, die das neue Parlament in der kommenden Gesetzgebungsperiode beschließen sollte? Schreiben Sie uns Ihre Wünsche und Ihre Anregungen für das neue Parlament per Mail an
Mag. Erwin J. Frasl, Herausgeber des Finanzportals Biallo.at
Mail: info@biallo.at
Private Altersvorsorge: Soll das System der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge mit Betrieblicher Altersvorsorge bzw. staatlich geförderter prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge (PZV) ausgebaut werden oder sollen die dafür aufgewendeten staatlichen Förderungen gestrichen und der gesetzlichen Pensionsversicherung gewidmet werden?
NEOS: Das System der privaten und betrieblichen Altersvorsorge soll bestehen bleiben und muss ausgebaut werden, da die Ersatzrate der Pensionen im APG bei rund 50% im Durchschnitt liegen wird. Bei der Betrieblichen Altersvorsorge möchten wir mehr "Öffnungsklauseln" in Kollektivverträgen durchsetzen und auch die Möglichkeit der Bezugsverwendung sollte von derzeit 300 Euro deutlich angehoben werden. Diese Art der Bezugsverwendung sollte dann aber auch nicht nur auf die Zukunftssicherung nach § 3/1/15 beschränkt bleiben, sondern auch für BKV und PK genutzt werden können.
Energie: Soll die Energiewirtschaft, die mehrheitlich im Besitz des Staates steht, stärker privatisiert werden? Und sollen die zuständigen Wettbewerbsbehörden nach deutschem Vorbild in Zukunft nur noch den Nachweis erbringen müssen, dass die Energiepreise in Österreich höher sind als auf einem vergleichbaren Markt, um ein Verfahren einleiten können, bei dem Energieversorgungsunternehmen nachweisen müssen, ob und inwiefern die höheren Energiepreise auch sachlich gerechtfertigt sind.
NEOS: Ja, alle Energieversorger sind aus unserer Sicht weiter zu privatisieren (25 Prozent + eine Aktie Staatsanteil). Die Wettbewerbsbehörde soll bei höheren Preisen als in vergleichbaren Märkten einschreiten, und die Energieversorgungsunternehmen sollen dann begründen, ob und inwiefern die höheren Energiepreise auch sachlich gerechtfertigt sind.
Wohnen: Soll es Obergrenzen für Wohnungsmieten geben bzw. soll es in Zukunft Obergrenzen für öffentliche Tarife wie Wasser, Kanalgebühren, Müllentsorgungsgebühren udgl. geben, um den Anstieg der Wohnungskosten durch Mieterhöhungen und Tariferhöhungen der öffentlichen Hand zu bremsen? Bzw. sollen Wohnbauförderungsmittel wieder für Wohnen zweckgewidmet werden, um den Bau neuer Wohnungen zu unterstützen? Sollte auf leerstehende Wohnungen eine Steuer erhoben werden, um die Eigentümer zu bestrafen, wenn sie leerstehende Wohnungen nicht vermieten?
NEOS: Keine weitere Regulierung beim Wohnen, das muss der Markt regeln! Die Wohnbauförderung muss allerdings zweckgewidmet sei. Folgende Maßnahmen sind aus unserer Sicht vordringlich:
- Soziale Wohnbauträger sollen verpflichtet werden, 50 Prozent der Wohnungen in jeweils einem Haus an die Mieter zu verkaufen. Kaufberechtigt sind Mieter, die zumindest seit 15 Jahren in diesen Wohnungen leben. Der Verkauf der Wohnungen soll zum Selbstkostenpreis (= Grundwert zuzüglich Errichtungskosten abzüglich AfA) erfolgen.
- Die Möglichkeit zum Mietkauf soll gegeben werden. Die dem sozialen Wohnbauträger dadurch zufließenden Mittel werden zweckgebunden und sollen verpflichtend zur Errichtung von neuen Sozialwohnungen verwendet werden. Dadurch erfolgt eine Durchmischung in den einzelnen Häusern mit Eigentümern und Mietern und es wird der sozialen Ghettobildung entgegen gewirkt. Zudem werden rasch neue Mittel für den sozialen Wohnbau freigesetzt.
Impulse sollen gesetzt werden, dass das Horten von vermieteten leer stehenden Wohnungen im Vollanwendungsbereich des MRG unattraktiv wird. Mögliche Maßnahmen:
- Bei Eintritt in ein Mietverhältnis (ausgenommen im Falle einer Scheidung oder minderjähriger Kinder bei Tod der Eltern) werden die Kategorie-Merkmale der Wohnung neu bestimmt, nämlich gemäß dem Zustand im Zeitpunkt des Mieterwechsels durch Eintritt. Ab dem Zeitpunkt des Eintrittes ist ausgehend von dieser Kategorie der Richtmietzins zu bezahlen.
- Alle unterschiedlichen Mietzinsberechnungsmodelle (z.B. Friedenszins, Kategoriemietzins etc.) sind in einem Zeitraum von 15 Jahren im Wege von 1/15 Anhebungen auf den Richtmietzins überzuführen und anzuheben. Kategorie-Kriterium ist hier der Zustand der Wohnung zum Zeitpunkt, zu dem der derzeitige Mieter die Wohnung übernommen hat.
- Durch diese Vereinheitlichung soll der Kategorie- und Preiswirrwarr am Mietenmarkt vereinheitlicht werden, damit im Bereich der Wohnungen im Vollanwendungsbereich des MRG eine einheitliche Berechnungsmethode zur Anwendung kommt. Ganz billige Wohnungen, die oft leer stehend vom Mieter gehortet werden, sollen somit an die Richtwertmietzinse herangeführt und damit auch dem Vermietungsmarkt zugänglich werden.
- Abschaffung der Mietvertragsgebühr
- Bei Vermittlung von Wohnungen sind die Maklerkosten ausschließlich vom jeweiligen Auftraggeber zu tragen.
Bildung: Sollen allgemeine Studiengebühren an den Universitäten wieder eingeführt werden?
NEOS: Ja, und zwar in Form nachgelagerter Studiengebühren (Rückzahlung im Nachhinein bei Vorliegen bestimmter Kriterien, wie beispielsweise eins entsprechenden Einkommens). Wir sehen dies als einen von mehreren Pfeilern der Hochschulfinanzierung. Die Festsetzung der Höhe und der Verwendung sehen wir in der Autonomie der Hochschulen innerhalb im Rahmen gesetzlicher Vorgaben.
Inflation: Soll noch 2014 eine Steuerreform beschlossen werden, die sicher stellt, dass die höhere Besteuerung von Einkommen als Folge der Inflation (kalte Progression) wieder entschärft wird?
NEOS: Wir denken, dass für eine solche Steuerreform 2014 realistischer Weise die Mittel fehlen, und es wird noch einiges auf uns zukommen: Hypo, Griechenland, Schulden usw. Zuerst müssten die NEOS-Forderungen wie Verwaltungsreform, Kürzung der Parteienförderung usw. umgesetzt werden. Eine regelmäßige Anpassung der Einkommensgrenzen, ab denen der höhere Steuersatz greift, ähnlich wie die Indexklauseln bei Mietverträgen, wäre aber sinnvoll.
Steuern: Soll die Steuerlast für niedrige und mittlere Einkommen vom neuen Parlament gesenkt werden? Sind Sie für eine Besteuerung von Vermögen ab einer Million Euro?
NEOS: Eine Senkung des Eingangssteuersatzes auf 25 Prozent unter Berücksichtigung des Steuervorteils für das 13./14. Gehalt wäre sinnvoll, um niedrigere und mittlere Einkommen zu entlasten und den Menschen mehr netto vom brutto zu lassen. Auch eine Senkung der Lohnebenkosten um drei bis fünf Prozentpunkte wollen wir angehen. Eine Vermögenssteuer wollen wir nicht einführen.
Bankkunden: Was halten Sie von einem gesetzlichen Mindestzins für Spareinlagen in Höhe der Geldentwertung, um Sparer davor zu beschützen, dass ihre Sparguthaben durch die Inflation entwertet werden? Soll Österreich das Bankgeheimnis auch für die Österreicher abschaffen oder doch lieber behalten?
NEOS: Wir halten eine gesetzliche Regelung von Zinsen für nicht sinnvoll. Wir sind für die Abschaffung des (weitgehend obsoleten) Bankgeheimnisses und für eine aktive Mitwirkung Österreichs bei der Bekämpfung von Steuerflucht.