Biallo.at sprach mit dem Währungsexperten der UBS in Zürich, Giovanni Staunovo, über die Schwächen von Euro und US-Dollar sowie die Entwicklung des Schweizer Frankens.
Biallo.at: Der Euro ist in Turbulenzen. Sind Sie da froh, dass die Schweiz nicht zur Eurozone zu gehört?
Giovanni Staunovo: Positiv für die Schweiz ist, dass sie im Moment nicht so stark in den Strudel hineingezogen wird wie die Euro-Mitglieder. Sie kann ihre eigene Geldpolitik führen. Allerdings erfolgt der Schweizer Außenhandel zu 60 Prozent mit der Europäischen Union, so dass die Probleme der EU auch die Schweiz betreffen. Aber im Moment ist es eher positiv als negativ, nicht zur Eurozone zu gehören.
Biallo.at: Wie schätzen Sie die Entwicklung des Wechselkurses des Schweizer Franken gegenüber dem Euro in den kommenden zwölf Monaten ein?
Staunovo: Wir gehen davon aus, dass der Schweizer Franken gegenüber dem Euro etwas stärker wird. In drei Monaten erwarten wir einen Kurs von 1,37 - in sechs bzw. zwölf Monaten 1,35. Denn der Schweizer Franken gilt als sicherer Hafen. Viele Investoren suchen Sicherheit und kaufen Schweizer Franken. Zudem ist die Zinsdifferenz zum Euro kleiner geworden. Sie betrug lange Zeit 190 Basispunkte. Heute liegen die Schweizer Geldmarktsätze nur noch 30 Basispunkte unter dem Euro.
Biallo.at: Wenn Sie an den stabilen Schweizer Franken im Vergleich zum schwächelnden Euro denken - was kann die kleine Schweiz, was die große EU nicht kann?
Staunovo: Die Schweiz hatte keine Immobilien-Blase. Zudem hat die Schweizer Notenbank die Zinsen früher als die Europäische Zentralbank deutlich gesenkt. Ein weiterer Vorteil für die Schweiz ist die Zuwanderung aus Europa. Hier kommen hochqualifizierte und gutbezahlte Arbeitnehmer in die Schweiz, die dementsprechend konsumieren. Außerdem verfügen die Schweizer Haushalte, Unternehmen und die öffentliche Hand über sehr gesunde Bilanzen, d.h., sie haben ihre Schulden relativ tief gehalten.
Biallo.at: Wie wird sich die Relation Euro zum US-Dollar Ihrer Einschätzung nach entwickeln?
Staunovo: Alle schauen jetzt auf Europa und den Euro. Wenn man die Lage allerdings genauer betrachtet, dann haben die USA ähnliche Probleme wie die Eurozone. Ein tieferer Euro-Kurs könnte der Wirtschaft in Europa später sogar helfen.
Biallo.at: Wird eine Europäische Rating-Agentur der Eurozone helfen?
Staunovo: Rating-Agenturen sind in den USA entstanden, weil dort der Kapitalmarkt schon lange sehr breite und tief ist. Bei der Grösse braucht der Investor Orientierungshilfen wie Rating-Agenturen. Der Europäische Anleihenmarkt ist sicherlich genug gewachsen, um eine eigene Ratingagentur zu rechtfertigen. Pragmatisch betrachtet wird das kaum helfen, künftige Krisen zu verhindern. Die USA wurden in den letzten 15 Jahre trotz mehrer etablierter Rating-Agenturen von mindestens drei umfassenden Finanzkrisen betroffen.