Bereits in seiner ersten Amtsperiode hat Obama vor dem Hintergrund der Finanzkrise ein ganzes Bündel an Gesetzen aufgelegt, um die Wall Street zu zügeln. Dazu zählten unter anderem eine verschärfte Finanzaufsicht oder auch das Verbot für Banken, auf eigene Rechnung zu spekulieren. Aber auch die Verbraucher will/wollte der Präsident, etwa bei der Nutzung von Kreditkarten oder bei Hypothekarkrediten, besser schützen.
Obama hat allerdings die Rechnung ohne den republikanisch dominierten Kongress gemacht, denn die Abgeordneten laufen – wohl auch angestachelt durch massives Lobbying der Banken - Sturm gegen die Vorhaben des Präsidenten. Vieles wurde daher inhaltlich abgeschwächt oder verzögert.
„Fiscal cliff“ muss übersprungen werden
Auf den wiedergewählten Staatenlenker wartet aber ein noch viel größere Aufgabe. Er muss das drohende „fiscal cliff“ lösen, und zwar bis Ende des Jahres. Denn der US-Schuldenberg ist inzwischen auf mehr als 16 Billionen Dollar (als Zahl: 16.000.000.000.000 Dollar) angewachsen, was dazu führt, dass mit Anfang 2013 automatisch viele Steuerentlastungen auslaufen und Ausgabenkürzungen in Kraft treten.
Kommt Obama auf keinen grünen Zweig mit seinem politischen Gegner, würde das unweigerlich die US-Konjunktur abwürgen, die Arbeitslosenrate von derzeit rund acht Prozent würde weiter steigen, der Inlands-Konsum einbrechen. In der Folge würde dieses Szenario auch massive Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und somit auch auf Europa haben.
Europa in der Rolle des Zuschauers
„Good old Europe“ ist angesichts der Probleme der USA allerdings zum Zuschauen verdammt, der Einfluss europäischer Politiker auf das glatte Parkett in Washington gleich null. Dabei gibt es brennende wirtschaftliche Konflikte zwischen den Amerikanern und den Europäern. Vom Vorstoß einiger EU-Länder in Richtung Finanztransaktionssteuer will man jenseits des Atlantiks nichts wissen. Die Entmachtung der ebendort beheimateten Ratingagenturen ist ebenfalls ein rein europäisches Wunschdenken. Offen bleibt auch, ob die USA die strengen Kapitalvorschriften für Banken – Stichwort: „Basel III“ - übernehmen.
Obamas Pläne klingen jedenfalls ehrgeizig: In den kommenden zehn Jahren will er das Staatsdefizit um mehr als vier Billionen Dollar drücken. Steuererleichterungen für Besserverdienende sollen auslaufen, Steuerschlupflöcher gestopft und die Unternehmenssteuer von 35 auf 28 Prozent gesenkt werden.
Bis 2016 will er eine Million neue Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe schaffen, mehr als 600.000 Jobs sollen durch den Ausbau im Erdgassektor geschaffen werden. Zudem sollen 100.000 Lehrer für Mathematik und Naturwissenschaften neu eingestellt werden.
Spar-Option: Rückzug aus Irak und Afghanistan
Da wirkt es nur nebensächlich, dass die USA auch massive Probleme in der Infrastruktur haben. Auch hier wären Milliardenbeträge nötig, Geld das die öffentliche Hand derzeit nicht hat. Derzeit. Denn geht es allein nach Obama, würde etwa die Hälfte des durch den Rückzug aus dem Irak und Afghanistan eingesparten Geldes in den Bau von Brücken und Straßen, Flughäfen und Schulen gesteckt werden. Die Allmacht des Präsidenten endet aber auch hier bei der Zustimmung der Republikaner. Aber vielleicht entdeckt Obama doch noch die Quadratur des Kreises, um sein Land ein Stück weiter aus der Krise herauszuführen.