Der Einfluss der Finanzwelt auf die Gesetzgebung in der Europäischen Union ist enorm. Egal, ob nationale Parlamente, Europäisches Parlament oder Europäische Kommission: Die Lobbyisten der Finanzwelt sind vor Ort, um die Interessen der Finanzindustrie einzuschleusen.
Tagtäglich sind die Bürger in der Europäischen Union mit schlechten Nachrichten aus der internationalen und nationalen Finanzwelt konfrontiert, wie diese kleine Auswahl anschaulich zeigt:
- Manipulationen von Referenzzinssätzen wie Libor und Euribor, die bei vielen Finanzprodukten angewendet werden, um etwa Kredit- oder Sparzinsen zu erhöhen oder zu senken.
- Immer wieder der Verdacht der Mithilfe von Banken bei Steuerhinterziehungen.
- Überwälzung von Verlusten aus verantwortungslosen Finanzgeschäften auf die Steuerzahler.
- Unzureichender Schutz von Daten der Bankkunden, Stichwort"Daten-Diebstahl".
- Seltsame Finanzierungen wie etwa des Landes Salzburg mit Hilfe der Banken, die heuer in Salzburg sogar Neuwahlen ausgelöst haben.
- Dubiose Finanztransaktionen, wie etwa in Kärnten bei der Hypo Alpe Adria, ehe die Bank verstaatlicht werden musste und eine neue Bankführung sich seither um die Aufarbeitung des Schadens bemüht.
Internationale und nationale Medien haben bei der Aufarbeitung vieler derartiger Skandale im Reich der Finanzindustrie erfreulicher Weise wichtige Beiträge geleistet. Allerdings schaffen es die Medien oft erst dann zu berichten, wenn es bereits zu spät ist, d.h. skandalöse Zustände bereits eingetreten sind.
Licht ins Dunkel der Finanzwelt
Die Ereignisse im Vorfeld unerwünschter Entwicklungen liegen oft und zu lange im Dunkeln oder werden schlicht und einfach nicht in ihrer Gefährlichkeit erkannt, obgleich Justiz, Medien und Konsumentenschützer dazu immer wieder Hinweise liefern.
Licht ins Dunkel der Finanzwelt zu bringen und zudem ein Gegengewicht zum massiven Druck der Finanzindustrie auf die Gesetzgebung in der Europäischen Union aufzubauen, ist nicht einfach. Eine der Initiativen, mehr Licht ins Dunkel der Finanzwelt zu bringen, ist Finance Watch, die als Association International Sans But Lucratif (internationaler, gemeinnütziger Verein) bereits 2011 nach belgischem Recht und unter Mithilfe von Europaabgeordneten gegründet worden ist. Die Mitglieder von Finance Watch bestehen mittlerweile aus 41 Organisationen aus mehr als zwölf verschiedenen Ländern und 33 Finanzspezialisten, die Gegenvorschlägen zu aktuellen Gesetzesvorhaben der EU erarbeiten, um so ein Gegengewicht zur Lobbyarbeit der Finanzindustrie auf die politischen Entscheidungsträger in der EU zu schaffen.
Zu den Kernaktivitäten von Finance Watch zählen
- Recherche: Analyse europäischer Gesetzgebungsvorschläge zur Regulierung der Finanzmärkte aus gesellschaftlicher Perspektive und die Erarbeitung von Gegenvorschlägen, Stellungnahmen, Berichten und anderen Publikationen
- Koordination: sicherstellen, dass Mitglieder ihre Erfahrungen und ihr Wissen in Arbeitsgruppen und Recherche-Projekten austauschen können
- Kommunikation: die Ergebnisse und Auffassungen durch Berichterstattung der Presse und/oder elektronischer Medien und über andere Kommunikationskanäle der Öffentlichkeit zugänglich und bewusst machen
- Lobbyarbeit: Dialog mit Gesetzgebungsorganen, Abgeordneten, Behörden und Regulatoren über relevante Dossiers im Europäischen Parlament
Aktivitäten wie die von
Finance Watch sollen helfen, den Einfluss der Finanz-Lobby auf gesetzliche Regeln in der EU zu begrenzen und die Bürger in der EU rechtzeitig darüber informieren, welche Spielregeln in der Finanzwelt in nächster Zeit wie verändert werden könnten. Damit die Bürger ihre Abgeordneten in den nationalen Parlamenten und im Europa-Parlament rechtzeitig damit konfrontieren können, was sie davon halten – im Guten wie im Schlechten.
Bisher mussten die Steuerzahler für Fehler der Finanzlobby büssen
Zu massiv sind die Folgen unerwünschter Entwicklungen in der Finanzwelt auf die Steuerzahler in der Europäischen Union. Das haben die Bürger in den EU-Mitgliedsländern schmerzvoll erfahren müssen: Milliardenhilfen für die Banken seitens der Steuerzahler, hohe Staatsverschuldung, steigende Arbeitslosigkeit und stille Enteignung aller Sparguthaben – vom Sparbuch bis zur privaten Altersvorsorge.
Tun Sie etwas dagegen – nutzen Sie alle Informationen, die Sie kriegen können und sprechen Sie auch Ihre Abgeordneten darauf an – das ist Ihr gutes Recht. Sie müssen es nur nützen.