Betrachten wir zuerst die Einkommen: Berufstätige erhalten eine jährliche Anpassung, die von den Gewerkschaften mit den Arbeitgebern verhandelt wird. Grob lässt sich hier die Formel „Teuerung (Inflation = Verbraucherpreisindex VPI) plus Produktivitätssteigerung“ fest machen. Pensionisten erhalten hingegen lediglich die Teuerung ersetzt (wenn überhaupt) – von Wertschöpfung und Steigerung der Produktivität können sie nicht profitieren. Und die Durchschnittspension liegt mit knapp 1.000 Euro brutto deutlich unter den Durchschnittsbezügen der Aktiven.
Teuerungsabgeltung nur rückwirkend und nur zum Teil
Dabei erfolgen die Gehaltserhöhungen im Vorhinein (entsprechend der geschätzten Entwicklung im kommenden Jahr); Pensionsanpassungen erfolgen jedoch stets erst im Nachhinein (Pensionisten müssen also erst die Teuerung selbst finanzieren, erhalten sie dann rückwirkend zum Teil abgegolten). Und die Pensionsanpassungen gibt es außerdem nur für kleine und mittlere Pensionen. Die höheren Pensionen schmelzen durch die „Deckel-Regelung“ jährlich ab. (Anm.: Anpassung 2010 nur bis brutto 2.466 Euro!)
Betrachtet man dann noch die Steuer- und Abgabensituation, zeigt sich folgendes Bild: Pensionisten sind verpflichtet alle Steuern und Abgaben zu bezahlen, die auch Aktive leisten. Abhängig von der Höhe ihrer Pension leisten sie also denselben Beitrag. Lediglich einen Unterschied gibt es für jene, die besonders kleine Pensionen haben: Für sie gibt es die Negativsteuer von 119 Euro im Gegensatz zu den Aktiven nicht. Dass den Pensionisten keine Pensions- und Arbeitslosenversicherung abgezogen wird, ist wohl einleuchtend, ihr Beitrag zur Krankenversicherung ist dafür entsprechend höher.
Im Bereich der Arbeitsmärkte hingegen gibt es mit Sicherheit Handlungsbedarf. Da braucht es eine Umkehr der Lebensverdienstkurve – mehr Einkommen zu Beginn, während der Phase der Familiengründung, mit einer flacheren Kurve im weiteren Einkommensverlauf. Und es braucht ein Umdenken bei der Beschäftigung überhaupt: mehr familiengerechte Jobs und mehr Jobs, die mit den Bedürfnissen im Alter vereinbar sind.
Privilegien gibt es nur bei Notenbank, ÖBB, Post und Wiener Landesbeamten
Privilegien kann ich da keine ausmachen. Wo es aber noch Privilegien gibt, ist klar:
An der Beseitigung dieser Privilegien müssen wir alle gemeinsam arbeiten: Aktive ebenso wie Pensionisten! Wir Seniorenvertreter sind dazu sofort bereit!
Andreas Khol wurde 1941 geboren, er ist Südtiroler. 1963 Promotion Dr. jur. (Studien in Innsbruck und Paris), 1966-1969 Generalsekretär der österreichischen Gesellschaft für Außenpolitik (seit 1975 Vorstandsmitglied), 1969 Habilitation an der Universität Wien für Verfassungsrecht und Internationale Organisation, 1969-1974 Internationaler Beamter im Europarat, Europäischer Gerichtshof f. Menschenrechte, Straßburg, 1974-1992 Direktor der Politischen Akademie der Österreichischen Volkspartei, Wien; 1978-1996 Exekutivsekretär der Europäischen Demokratischen Union, 1992-1994 deren Vizepräsident; 1980 Tit. a.o. Universitätsprofessor; 1983 – 2002 Tiroler Mandatar zum Nationalrat; 1994-2002 Klubobmann des ÖVP-Parlamentsklubs; 2002-2006 Präsident des Nationalrates; seit 2005 Obmann des Österreichischen Seniorenbundes und Präsident des Österreichischen Seniorenrates.