Jeder Anleger, der Wertpapiere kauft, interessiert sich für das Rating des Emittenten des jeweiligen Wertpapieres. Allerdings sind die Rating-Agenturen während der Finanzkrise massiv unter Beschuss geraten. Interessenskonflikte, lange Reaktionszeiten und strukturelle Schwächen waren der Kern dieser Vorwürfe. Für Investoren, die gewohnt waren, sich auf das Zeugnis der großen Agenturen zu verlassen, stellt sich nicht erst in jüngster Vergangenheit die Frage, ob andere Anhaltspunkte, wie zum Beispiel die Einschätzung des Marktes, als Bewertungsmaßstab besser taugen, so Mag. Felix Düregger vom Asset Management Zinsmärkte der Schoellerbank.
So funktioniert ein Rating
Ein Investment-Rating ist eine Beurteilung einer unabhängigen Agentur, die ein Unternehmen oder ein Wertpapier mittels einer „Schulnote“ bewertet. Für die Bewertung eines Emittenten werden einerseits unternehmensexterne Faktoren wie das ökonomische Risiko des Ursprungslandes sowie das Branchenrisiko des Unternehmens erfasst. Andererseits werden an internen Faktoren vor allem die Themen Geschäftsprofil (Strategie, Marktposition, etc.), Risikomanagement (insbesondere Kreditrisiko, Marktrisiko, operationelles Risiko und Liquiditätsrisiko), Rentabilität (Höhe, Nachhaltigkeit, Diversifizierung) und nicht zuletzt Eigenkapital analysiert und beurteilt. Das Ergebnis ist eine Einschätzung hinsichtlich der Fähigkeit des Schuldners, seine Verbindlichkeiten in Zukunft a) pünktlich und b) vollständig zu erfüllen.
Wird ein Wertpapier einem Rating unterzogen, so spielt neben dem Emittenten-Rating noch zusätzlich der Rang des Wertpapiers innerhalb der Kapitalstruktur des emittierenden Unternehmens eine Rolle: Eine mit Pfandrechten oder Garantien zusätzlich besicherte Schuldverschreibung wird in der Regel ein besseres Rating aufweisen als die Aktie des selben Unternehmens.
So erfolgt die Klassifizierung
Ratings von AAA bis BBB- bezeichnet man als „Investmentgrade“, die Chance auf eine vollständige und pünktliche Rückzahlung von Verbindlichkeiten ist in ausreichendem Umfang für ein seriöses Investment gewährleistet. Als Beispiel beschreibt ein AAA-Rating eine „extrem starke Fähigkeit, die Zahlungsversprechen zu erfüllen, außerordentlich hohe Bonität“, es handelt sich um die Bestnote der Agentur Standard & Poor‘s. Ein BBB beschreibt eine immer noch „angemessene Fähigkeit, die Zahlungsversprechen zu erfüllen. Wechselnde Umstände und eine Verschlechterung der Rahmenbedingungen können zu einer deutlichen Schwächung der Position führen.“ Ratings ab BB+ bezeichnet man als „Speculative Grade“ und alleine die Bezeichnung drückt deren Charakter wohl eindeutig aus.
Ratingänderungen
Nicht zuletzt im Bereich komplexer Kreditprodukte (wie ABS, CDOs etc.) sind Rating-Agenturen vielfach unter Beschuss geraten: Neben dem ihnen vorgeworfenen Interessenskonflikt - Agenturen werden von den Unternehmen, die sie beurteilen müssen, bezahlt - wurde die rasche Veränderung von einer Bestnote hin zu einer deutlich schlechteren Bewertung bekrittelt.So wurden z. B. rund um den Zeitpunkt der Lehman-Pleite top-geratete, sogenannte „A1“-Segmente von tranchierten komplexen Kreditprodukten innerhalb nur einer einzigen Neubewertung um mehrere Grade (sogenannte „Notches“) zurückgestuft, zwischen der Bestnote AAA und einem Rating im Speculative Grade lagen oft nur wenige Monate. Dazu muss man feststellen, dass Bonitätsänderungen einer Anteilsklasse sehr schnell eintreten können, wenn es zu ersten Ausfällen im Besicherungs-Pool kommt. Ratings hinken somit generell eher der Markt- und Unternehmensentwicklung hinterher.