Wertpapier- und Konsumentenschutz
Eine Vielzahl von Normen soll den Anleger schützen, sie verhindern den Schaden aber nicht. Unter Umständen kann es gelingen, den Schaden gerichtlich durchzusetzen. Das hilft auch nur dann, wenn Geld noch vorhanden ist. Das Gesetz fordert eine transparente Darstellung der öffentlich gehandelten Wertpapiere. Die Information für das Publikum erfolgt in sogenannten Prospekten. Dieses hat sämtliche Angaben zu enthalten, die notwendig sind, um die wesentlichen Merkmale der Aktiengesellschaft (Emittent) und der öffentlich angebotenen Wertpapiere oder Veranlagungen zu erfahren. Der Anleger soll sich ein fundiertes Urteil über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die Finanzlage, die Gewinne und Verluste und die Zukunftsaussichten des Emittenten sowie über die mit der Veranlagung verbundenen Rechte bilden können. Diese Informationen sind in leicht zu analysierender und verständlicher Form darzulegen. Der Prospekt soll vor allem auch die Risiken nennen und Warnhinweise enthalten. Erfolgt ein prospektpflichtiges Angebot ohne vorhergehende Veröffentlichung eines Prospekts, so können Anleger vom Vertrag zurücktreten.
Haftung der Finanzmarktaufsicht (FMA)
Der Prospekt ist bei Veranlagungen auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit zu kontrollieren, und bei deren Vorliegen vom Kontrolleur mit Angabe von Ort und Tag der Beifügung „als Prospektkontrolleur“ zu unterfertigen. Die FMA hat die Prospekte zu billigen. Die FMA ist insbesondere befugt, vom Emittenten die Aufnahmen zusätzlicher Angaben in den Prospekt zu verlangen und darüber hinaus berechtigt, ein öffentliches Anbot zu untersagen, wenn sie feststellt, dass gegen die Bestimmungen des Kapitalmarktgesetz (KMG) bzw. das davor geltende Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG) verstoßen wird. Die FMA hat schließlich das Recht, den Handel der Wertpapiere auszusetzen. Verstößt sie gegen ihre Pflichten kann sie zur Verantwortung gezogen werden.
Haftung für falsche Beratung und Bewertung
Ein Finanzdienstleister muss dem Kunden alle zweckdienlichen Informationen mit der erforderlicher Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit erteilen, und ihn in die Lage versetzen, die Auswirkungen seiner Anlagenentscheidung zu erkennen. Der Berater muss auch auf die speziellen Risiken der Anlage in verständlicher Sprache hinweisen. Die Aufklärungspflicht des Anlageberaters ist umso größer, je spekulativer die Anlage und je unerfahrener der Kunde ist. Eine nicht anlegergerechte Beratung liegt vor, wenn dem risikoscheuen Anleger entgegen seinem „Anlegerprofil“ ein zu riskantes Wertpapier empfohlen, bzw. ihm nicht davon abgeraten wird.
Entscheidend sind einerseits die erkennbare Unerfahrenheit und Informationsbedürftigkeit des Kunden, andererseits die Art des beabsichtigten Geschäfts. Neben dem Emittenten und Berater können nach den Normen des KMG und des Börsegesetzes Prospektkontrolleure, Abschlussprüfer aber auch sogenannte Ratingagenturen für falsche Begutachtungen zum Schadenersatz herangezogen werden.
Welcher Schaden kann geltend gemacht werden?
Dem Anleger entsteht ein (realer) Schaden meistens bereits in der ersten Phase der Anlage, d.h. bereits beim Erwerb von Vermögenswerten, die er gar nicht wollte und bei korrekter Beratung auch nicht erworben hätte. Dies trifft z.B. zu, wenn der Anleger entgegen seinem Wunsch kein wertstabiles, sondern ein Kursschwankungen unterliegendes Wertpapier erworben hat. Einen konkreten Vermögensnachteil bringt der Erwerb einer „falschen“ Anlage aber vor allem dann, wenn sie sich negativ entwickelt, insbesondere einen Kursverlust erleidet. Ist der Anleger noch im Besitz der Aktien, so kann er den Erwerbspreis, der in seiner Höhe auf den ersten Ausgabepreis beschränkt ist, zuzüglich der mit dem Kauf verbundenen üblichen Kosten Zug um Zug gegen Rückgabe der Wertpapiere geltend machen (Rückabwicklung).
Der Schaden tritt jedenfalls ein, wenn der Geschädigte die Anlage mit Verlust veräußern muss, oder wenn der Verlust auf andere Weise schlagend wird (z.B. am Ende der Laufzeit). Der rechnerische Schaden ergibt sich nach dem Verkauf durch eine Gegenüberstellung vom Erwerbs- und Verkaufspreis.
Ansprüche: Feststellungsklage, Rückabwicklung, Leistungsklage
Der Berater hat den Anleger grundsätzlich so zu stellen, wie dieser bei korrekter Beratung stünde. Bei der Schadensberechnung ist daher nicht nur vom eingesetzten Kapital auszugehen, sondern von jenem Investment, das der Anleger bei korrekter Beratung getätigt hätte. Fahrlässigkeit bei der Beratung genügt. Der Schaden des unzureichend beratenen Anlegers lässt sich aber erst nach Verkauf der Wertpapiere endgültig beziffern, theoretisch könnte sich der Kurs der Wertpapiere nämlich auch wieder erholen. Was folgt daraus? Die bloße Möglichkeit, dass sich das unerwünschte Papier wieder erholt, kann und darf keinesfalls gegen einen durchsetzbaren Ersatzanspruch des Anlegers sprechen.
Der Anleger hat daher primär nur einen Naturalersatzanspruch, der eine Rückgabe des Papiers beinhaltet. Es empfiehlt sich daher, unverzüglich dem Berater Naturalersatz anzubieten. Verweigert der Berater die Rücknahme des Papiers und damit die Naturalrestitution, kann er dem Anleger kein Mitverschulden entgegen halten, wenn dieser die Papiere verkauft und dadurch die Möglichkeit einer endgültigen Schadensberechnung erlangt.
Sofern Naturalrestitution nicht möglich ist und der Geschädigte die Papiere nicht verkaufen will, kann er den sogenannten Vertrauensschaden geltend machen.
Um seine Ansprüche zu sichern, läßt die Judikatur schließlich eine Feststellungsklage zu, die bereits zu einem Zeitpunkt eingebracht werden kann, zu dem noch gar nicht feststeht, ob das schädigende Ereignis zu einem Schaden führen wird, aber bereits ein schädigendes Ereignis eingetreten ist (z.B. Kursverlust). Ist ein Teilschaden schon errechenbar, kann der Geschädigte diesen einklagen und den allenfalls sich ergebenden höheren Restschaden durch eine Kombination aus Leistungsklage und Feststellungsklage geltend machen. Wurde das Wertpapier einmal verkauft oder infolge Konkurs des Unternehmens rettungslos wertlos, steht einer Schadenersatzklage nichts im Wege.
Verjährung
Die Verjährung ist auf drei Jahre beschränkt, geht aber von der Kenntnis im Sinn des Paragrafen 1489 Abs. 1 ABGB aus, sodass Schaden und Schädiger dem Anleger bekannt sein muss. Ab jenem Zeitpunkt, ab dem der Anleger subjektiv erkennt, dass er nicht das vom Anlegerberater empfohlene risikolose Wertpapier erworben hat, beginnt die Verjährungsfrist zu laufen. Das ist in der Regel frühestens der Zeitpunkt, in dem die ersten Kursverluste am Depotauszug zu erkennen sind. Vor Eintritt eines „Erstschadens“ kommt Verjährung somit nicht in Betracht.
Hält der Berater den Anleger von der Verfolgung seines Schadenersatzanspruchs ab, indem er ihn auf zukünftige Kursentwicklungen vertröstet und den Eintritt einer endgültigen Vermögenseinbuße als unwahrscheinlich darstellt, so geht der OGH davon aus, dass die allenfalls durch dieses Zuwarten bewirkte Verjährung des Anspruches insoweit unbeachtlich ist, als eine Verjährungseinrede des Beraters rechtsmissbräuchlich wäre und gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
Bestehen Zweifel am Beginn der Verjährung empfiehlt es sich, vorbeugend eine Feststellungsklage einzubringen, die in jedem Fall die Verjährung unterbricht.
Strafanzeige
Schließlich kann der Anleger die Einleitung eines Strafverfahrens beantragen und sich dort als Opfer dem Verfahren anschließen. Wird ihm der Schaden im Strafverfahren zugesprochen, kann er sich die Kosten einer Klage sparen. Liegt ein Verstoß gegen das KMG vor, empfiehlt sich schließlich eine Anzeige bei der Verwaltungsbehörde. Jede Verurteilung erleichtert am Ende des Tages die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen.