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Hans Peter Haselsteiner im Interview
 
24.09.2013

Hans Peter Haselsteiner im Interview Gold als Reserveinstrument

Von philoro Edelmetalle, Rudolf Brenner
Ein Goldstandard, ja oder nein? Schuldenschnitte für Krisenstaaten zu brutal? Übertriebene Angst vor der Inflation fast schon genetisch? Antworten gibt Hans Peter Haselsteiner, Ex-Strabag-Chef und NEOS Unterstützer im philoro-Interview.
Hans Peter Haselsteiner im Interview Gold als Reserveinstrument Finanzportal Biallo.at
Hans Peter Haselsteiner, Unterstützer der NEOS Partei
philoro: Die Weltwirtschaftskrise 2008/2009 war das Resultat von Exzessen im Immobilienbereich, von Fehlinvestitionen, spekulativen Blasen, ausgelöst durch ein Überangebot von billigem Geld über einen langen Zeitraum hinweg. Wurden Ihrer Meinung nach diese Fehlentwicklungen korrigiert?

Haselsteiner: Nur sehr ungenügend. Die Ursachen sind nach wie vor da; wir haben nach wie vor Themen wie Hochfrequenzhandel, Derivate aller Art, die die Realwirtschaft nicht stützen und auch nicht positiv beeinflussen. Die Menschen profitieren, wenn die Realwirtschaft wächst, denn nur dann gibt es etwas zu verteilen. Die Spekulation ist ein Spiel mit Gewinn und Verlustchancen, und so lange die Menschen, die spielen wollen, das sozusagen unter sich austragen, könnte man dagegen nichts einwenden. Aber wenn sie mit ihrem Spiel die Anderen mitzureißen in der Lage sind, dann muss man natürlich laut schreien. Wenn man wenigstens jene Produkte beschränken würde, die die größten Gefahrenpotentiale mit sich bringen, also Hochfrequenzhandel, Derivatehandel, dann, glaube ich, wäre schon viel geschehen.

„Reformen, die notwendig sind, damit man wieder Spielraum bekommt, sind denkbar unpopulär und werden auf die Seite geschoben.“   Hans Peter Haselsteiner

philoro: Die Verschuldung in den OECD Staaten hat ein einzigartiges Ausmaß erreicht. Also wir haben es mit der höchsten Verschuldung, die jemals aufgezeichnet wurde, zu tun. Diese beträgt teilweise ein Vielfaches vom BIP und der Grund dafür war, dass die Verschuldung von der Privatwirtschaft, vor allem aus der Finanzindustrie hinaus in die öffentlichen Haushalte transferiert wurde. Wie sehen Sie diese Entwicklung?

Haselsteiner: Erfreulicherweise ist dieser Trend vorerst gestoppt. Die Beobachtung der öffentlichen Haushalte durch entscheidende Marktteilnehmer, wie es jetzt der Fall ist, hat es bisher noch nie gegeben. Jetzt kann man sagen, es ein bisschen spät, denn den Schuldenberg haben wir nun einmal, aber es gibt wenigstens jetzt Kontrollmechanismen über die Neuverschuldung. Ich darf darauf hinweisen, dass die Republik Österreich im Jahr 1968 bzw. 1970 keine nennenswerte Staatsschuld hatte und wir uns in den letzten 40 Jahren auf 75% des BIPs verschuldet haben. Das ist natürlich enorm viel und damit haben sich die Politikergenerationen die Macht gekauft. Man hat die Wähler Ihre eigene Malaise kaufen lassen. Reformen, die notwendig sind, damit man wieder Spielraum bekommt, sind denkbar unpopulär und werden auf die Seite geschoben. Was passiert mit den Schulden, die wir haben? Man könnte natürlich sparen, so wie die Griechen, das wollen wir aber nicht. Also werden wir wohl eine Mischung machen müssen zwischen ein bisschen sparen, ein bisschen Reform machen und ich fürchte, weil wir nicht im Paradies leben, werden wir auch die ein oder andere Inflationsanpassung hinnehmen müssen. Ich trete nicht für Inflationierung ein, wie mir immer unterstellt wird, ich sage nur, es wird kein anderes sozialverträgliches Mittel, keinen Weg geben um diese Schuldenkrise zu lösen.

„Ich bin dafür, dass es keinerlei Denkverbote geben darf.“   Hans Peter Haselsteiner

philoro: Die Währungen der großen Industrienationen, vor allem USD aber auch EURO haben in den letzten Jahrzehnten deutlich gegenüber Sach-werten, wie zum Beispiel Gold, abgewertet. Wie sehen Sie die Zukunft des Euros?

Haselsteiner: Gold ist kein optimaler Maßstab, weil Gold auch einen spekulativen Charakter besitzt, den man nicht unmittelbar in Bezug zur Inflation setzen kann. Man muss sich nur den Goldpreis der letzten Jahre ansehen, dann erkennt man, dass es nicht nur Flucht war, sondern auch spekulative Absichten Einfluss hatten. Betreffend der Entwicklung der großen Währungen EUR/USD gibt es Stimmen, die einen starken und Stimmen die einen schwachen Euro befürworten. Für mich stellt sich die Frage: Ist es denkbar, dass wir mit den Griechen in einem Währungsraum liegen, wenn wir wissen, dass die Produktivität bei etwa einem Fünftel unseres Niveaus liegt? Ich bin dafür, dass es keinerlei Denkverbote geben darf. Nicht so wie die Regierung sagt, wenn der Euro verloren geht, dann geht die Union verloren. Das sind reine Drohszenarien. Wir haben ein Problem zu lösen, und das Problem lautet: unter-schiedliche Wettbewerbsfähigkeit zwischen Nord und Süd. Eine Lösung könnte sein, dass wir Währungen mit zwei Geschwindigkeiten installieren und wir eine Institution gründen, die für Ausgleich sorgt.

„Volkswirtschaftlich betrachtet gäbe es gute Gründe für den Goldstandard, aber es hat auch gute Gründe gegeben, ihn aufzugeben.“   Hans Peter Haselsteiner

philoro: Es gibt ja zahlreiche Verfechter, die sich jetzt Gedanken wegen der Eurokrise machen, die in der Vergangenheit aufgetaucht ist. Diese sagen, ein Goldstandard wäre eine Lösung, unter einem gold-gedeckten Planungssystem gäbe es mehr Sicherheit, über lange Zeiträume hinaus und es wäre nicht mehr möglich, die Geldmenge ungezügelt auszuweiten. Was halten Sie von diesem Ansatz?

Haselsteiner: Ich glaube, dass es volkswirtschaftlich betrachtet gute Gründe dafür gäbe, aber es hat auch gute Gründe gegeben, den Goldstandard aufzugeben. Wenn wir uns ansehen, was seit den Siebzigerjahren an Wohlstand geschaffen wurde, dann wäre diese wirtschaftliche Entwicklung im Goldstandard nicht möglich gewesen. Da wir es überzogen haben und dass wir uns an überhaupt nichts mehr gebunden fühlen, ist ein Problem.

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philoro: Wäre eine Teilbedeckung eine Möglichkeit?

Haselsteiner: Eine Teilbedeckung oder Ähnliches kommt einer vollständigen Bedeckung gleich. Wenn man festlegt, welcher Anteil vom Bruttoinlandsprodukt Defizit sein darf, dann kommen Sie auf dasselbe oder ein ähnliches Ergebnis.

philoro: Die Konvergenzkriterien für die Euromitglieder würden de facto die Rahmen-bedingungen eines modernen Goldstandards erfüllen (keine ausufernde Gelmengenausweitung, Verschuldungsgrenzen etc.). Was halten Sie davon, dass die Konvergenzkriterien immer mehr aufgeweicht werden?

Haselsteiner: Der Sündenfall ist klar. Die Konvergenzkriterien oder Maastrichtkriterien wurden seinerzeit von den Liberalen heftig bekämpft. Ich selbst habe mich mehrfach dagegen ausgesprochen. Ich habe betont, dass man sie auf jeden Fall ergänzen muss und zwar in Abhängigkeit vom Wirtschaftswachstum. Wir müssen zu dem Schluss kommen: Konvergenzkriterien ja, gekoppelt an andere volkswirtschaftliche Parameter, die auf der einen Seite die Disziplin einfordern, auf der anderen Seite einen wirtschaftlichen Spielraum konjunkturpolitischer Art schaffen, aber nicht erlauben, dass wir Geschenke verteilen, weil Politiker wiedergewählt werden wollen.

philoro: Welche Rolle könnte ihrer Meinung nach Gold in einer modernen Finanz- und Wirtschaftswelt spielen?

Haselsteiner: Die Goldreserven der Nationalbanken sind immer noch vorhanden. Also die Rolle eines Reserveinstrumentes spielt Gold heute nach wie vor und eine Rolle darüber hinaus wäre, so glaube ich, auch nicht wünschenswert.

„...bei den Deutschen ist die Angst vor Inflation fast schon genetisch,...“   Hans Peter Haselsteiner

philoro: Viele Leute haben Angst vor Inflation und flüchten daher in Sachwerten wie Gold, Immobilien und auch Aktien. Können Sie das Verhalten nachvollziehen?

Haselsteiner: Ja, natürlich. Es gibt nicht mehr viele Menschen, die unter hoher Inflation leiden mussten, weil diese Generation ausstirbt und wir bereits siebzig Jahre lang Friedenswirtschaft haben. Daher kennen es die allermeisten nur von Erzählungen. Aber es gibt ausreichend Literatur, und insbesondere bei den Deutschen ist die Angst vor Inflation fast schon genetisch, denn sie haben oft eine radikale Inflation bzw. Enteignung erlebt.

philoro:
Auch in der DDR gab es teilweise hohe Inflation, vor allem in Bezug auf Luxusgüter, teilweise wurden die Preise künstlich festgesetzt, es gab also verdeckt Inflation auf breiter Front.

Haselsteiner: Ja sicherlich, aber ich glaube, insgesamt wurde das Vermögen der Deutschen nach dem zweiten Weltkrieg neu geschaffen und auch neu verteilt.

philoro: Stichwort Entwicklung: In den USA, der Eurozone, auch Großbritannien und vor allem Japan repräsentieren die Zentralbanken bereits 60% des gesamten Kreditvolumens. Die öffentlichen Haushalte nehmen 75% der gesamten Kreditaufnahme in Anspruch. Befinden wir uns eigentlich auf dem Weg zu einer zentralen Wirtschaftsplanung?

Haselsteiner:
Der Weg, der hier beschritten ist, ist einfach, das Problem auf die lange Bank zu schieben, um es verdaulich zu machen. Hätte es in der Vergangenheit keine starken Engagements der Zentralbanken gegeben, hätte es sicherlich zu katastrophalen Verwerfungen geführt. Die EZB ist einen vergleichsweise moderaten Weg gegangen, zumindest im Gegensatz zu Amerika und Japan. Die zentrale Frage lautet: Wie gehen wir mit diesem Schuldenberg um?

„Ein Schuldenschnitt wäre zwar eine Variante, aber eine sehr brutale.“   Hans Peter Haselsteiner

philoro: Es gibt Wirtschaftstheoretiker die meinen, Zentral-banken sollten die gesamte Staatsverschuldung aufkaufen, mit Liquidität die sie selbst schaffen, um dann sämtliche Schulden ab zu schreiben. Wäre das eine Lösung?

Haselsteiner: Ich glaube ein Schuldenschnitt wäre nicht durchsetzbar. Ich habe immer betont: Krieg, Revolution, Schuldenschnitt oder Währungsreform laufen letztendlich auf das Gleiche hinaus. Ein Schuldenschnitt wäre zwar eine Variante, aber eine sehr brutale.

philoro: In Japan wird ein riesiges Konjunkturprogramm bereits direkt von der Zentralbank finanziert, was halten Sie von einem derartigen Ansatz?

Haselsteiner: Die Investitionen in Infrastruktur haben einen wirtschaftsbelebenden Faktor und man kann sich natürlich damit trösten, dass man argumentiert, Schulden, die für ein Wirtschaftspaket gemacht werden, können aus den Erträgen dieser Investitionen zurückgezahlt werden. Man sollte daher auch zwischen zwei Arten von Schulden unterscheiden, die man nicht in einen Topf werfen sollte. Die Schulden, die wir gemacht haben, indem wir sie verkonsumiert haben und die Schulden, die wir gemacht haben, damit wir etwas investiert haben. Die Idee, ein Konjunkturpaket direkt von der Zentralbank zu finanzieren, ist grundsätzlich zulässig. Bedauerlicherweise liegt zwischen den Investitionen und der Wirtschaftsbelebung natürlich eine Zeitspanne und leider Gottes sind nicht alle Investitionen so gut durchdacht, dass sie auch den erwünschten Effekt bringen, darin besteht das eigentliche Problem.

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