Für moldawische, brasilianischen oder russischen Hacker ist Österreich ganz besonders interessant, denn hier ist nicht nur Geld zu holen, sondern dieses ist auch, im Gegensatz zur Schweiz, nach wie vor zu großen Teilen unzureichend geschützt.
Zunächst die gute Nachricht: Es gibt kein Land der Welt, das österreichischer ist als Österreich. Wir bedienen das Klischee der „sympathischen Schlampigkeit“ perfekt. Und sind stolz darauf, nicht so methodenfixiert wie die Deutschen und nicht so paranoid wie die Schweizer zu sein. Das ist großartig, das ist genau das, was Wien zur attraktivsten Stadt der Welt macht.
Die schlechte Nachricht: Wir gehen die IT Security auch im Finanzdienstleistungsbereich mit derselben Nonchalance an. Im Übrigen, so die gängige Ansicht, ist alles ja gar nicht so schlimm, denn unsere Kriminalität ist im weltweiten Vergleich ohnehin gering – also warum sich zu viele Gedanken um die Sicherheit der Bankdaten machen? Warum, um aus der Sicht der Finanzdienstleister zu sprechen, Geld in teure Sicherheits-Technologien investieren, wenn „eh kaum etwas passiert“?
Für moldawische, brasilianische oder russische Hacker ist Österreich sehr interessant
Aus dieser Sichtweise ergeben sich leider ein paar Probleme:
- Die Daten, die Finanzdienstleister verwalten, sind nicht deren, sondern unsere Daten! Es handelt sich also nicht um deren, sondern um unser Geld, mit dem alles andere als sorgsam umgegangen wird.
- Eine der besonders unangenehmen Eigenschaften von Cyberkriminalität ist, dass sie keine Grenzen kennt. Es nutzt also nichts, wie im Fall des islamistischen Terrorismus zu hoffen, dass man uns schon nicht auf der der Landkarte finden wird. Für einen moldawischen oder brasilianischen oder russischen Hacker ist Österreich ganz besonders interessant, denn hier ist nicht nur Geld zu holen, sondern dieses ist auch, im Gegensatz zur Schweiz, nach wie vor zu großen Teilen unzureichend geschützt.
- Für uns Österreicher ist die Schweiz gemeinhin eine „Insel der Paranoiden“. Es mag sein, dass Schweizer übertrieben vorsichtig sind. Doch bei Finanzdienstleistungen hört sich der österreichische Spaß dann doch auf. Wenn eine durchschnittliche Stadtverwaltung in der Schweiz einen höheren Sicherheitsstandard hat als ein durchschnittliches österreichisches Finanzinstitut, sollte uns das zu denken geben. Dann ist es passender, Österreich als „Insel der blinden Seligen“ zu bezeichnen.
- Im Gegensatz zur verbreiteten Ansicht, dass „eh kaum etwas passiert“, können wir aus Erfahrung sagen, dass leider unvorstellbar viel passiert. Es ist nur auch eine typisch österreichische Unart, darüber einfach nicht zu reden. Im Gegensatz zu anderen Ländern, wie etwa England, gibt es keine Veröffentlichungspflicht, wenn Daten eines Finanzdienstleisters gestohlen werden oder abhanden kommen. Gehen wir also davon aus, dass wir die meisten Sicherheitspannen gar nicht mitbekommen…
Republik Österreich intelligenteste staatliche Anwender von IT-Technologie
Eine weitere gute Nachricht ist aber: Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos! Vor zehn Jahren noch hätte sich niemand vorstellen können, dass die Republik Österreich einmal der intelligenteste staatliche Anwender von IT-Technologie sein wird, den es weltweit gibt. Tatsächlich ist das aber heute so. Unser e-government ist vorbildlich. Das beste Beispiel dafür ist die e-card, mit deren Einführung sich die Deutschen noch heute plagen.
Das heißt: Wir können furchtbar effizient sein, wenn wir wollen. Und dieses Potenzial können wir auch im Finanzdienstleistungsbereich nutzen, um Daten sicherer zu machen. In der IT ist es auch oft nicht schwierig, einen Nachteil in einen Vorteil umzuwandeln. Denn die Technologie ist vorhanden, und sie ist ausgereift.
Finanzdienstleister tun also gut daran, diese Technologien auch einzusetzen. Denn wenn es wirklich einmal zu einer Panne kommt, die sich nicht mehr unter den Teppich kehren lässt, haben nicht nur die Kunden einen materiellen Schaden, sondern die Banken für lange Zeit ein echtes Glaubwürdigkeitsproblem.
... ist General Manager EMEA von Barracuda Networks.Er ist Mitbegründer der phion AG, die seit 2009 Teil der Barracuda Networks Gruppe ist. Ab 2005 war Alge CEO von phion und verantwortlich für Unternehmensstrategie, Technologie, Vertrieb, Marketing, Services. Er hat entscheidend dazu beigetragen, dass sich das Unternehmen zu den führenden europäischen Anbietern für Lösungen zum Schutz der Unternehmenskommunikation entwickelte. Im Jahr 2008 wurde Wieland Alge mit dem „Entrepreneur-Of-The-Year-Award“ von Ernst & Young ausgezeichnet.