Sinn: „Der Euro muss verteidigt werden“
Doch anders als der Hamburger Ökonom und Gründer der Anti-Euro-Partei „Alternative für Deutschland“, Bernd Lucke, will Ifo-Chef Sinn nicht die Scheidung. Die Kosten seien zu hoch, der Euro müsse verteidigt werden. Die Diskussion dürfte sich in den kommenden Wochen und Monaten noch verschärfen – auf den deutschen Steuerzahler kommen im Rahmen der Euro-Krise wohl weitere Kosten zu. Der Internationale Währungsfonds (IWF) verfolgt offenbar den Plan, Griechenland erneut Schulden zu erlassen. Eine Finanzierungslücke von 4,6 Milliarden Euro sei bis 2014 nicht zu schließen. Wäre das der Fall, dürfte der IWF sich nicht weiter an der Rettung Griechenlands beteiligen. Streit ist programmiert: Die Bundesregierung und allen voran Finanzminister Wolfgang Schäuble werden einem Schuldenschnitt eine Absage erteilen – jedenfalls bis zur Bundestagswahl.
Euro-Krise: Sparen allein reicht nicht
Dabei zeigt die wirtschaftliche Entwicklung in der Eurozone seit Monaten, dass Sparen allein kein Konzept ist. Die Reformbemühungen in Griechenland, Portugal, Spanien oder Irland in allen Ehren: Von einer nachhaltigen Verbesserung und neuen Perspektiven kann insbesondere angesichts der gewaltigen Jugendarbeitslosigkeit keine Rede sein – auch wenn die Leistungsbilanzen vieler Krisenstaaten inzwischen eine steigende Wettbewerbsfähigkeit signalisieren.
Tatsächlich verharrt die Eurozone weiterhin in der Rezession. Noch hofft etwa die Europäische Zentralbank (EZB), dass im zweiten Halbjahr eine leichte Konjunkturerholung einsetzt. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten (und nach Ansicht vieler Kritiker rechtswidrig außerhalb ihres Mandats) versuchen die Notenbanker mit ihrer ultra-lockeren Geldpolitik den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Bislang aber nur mit einem Teilerfolg: Das kompromisslose Bekenntnis zum Euro hat an den Kapitalmärkten zu einer deutlich größeren Gelassenheit geführt.
Als Starthilfe für den streikenden Konjunkturmotor hat das billige Geld bislang nicht gezündet. Die milliardenschweren Liquiditätshilfen haben zwar das Finanzsystem stabilisiert, Unternehmen in den Krisenländern bekommen deshalb aber noch lange keine günstigeren Kredite. In der Realwirtschaft kommen die EZB-Hilfen nicht an.
Auch deshalb haben die Währungshüter vergangene Woche den Leitzins im Euroraum unverändert auf dem Rekordtief von 0,5 Prozent belassen. Die EZB ist vor allen Dingen unentschlossen. Um die Kreditvergabe in der Eurozone anzukurbeln, werden nun schon seit Wochen mögliche Maßnahmen diskutiert. Ein negativer Einlagenzins für Banken, die ihr Geld lieber bei der EZB parken, anstatt es zu annehmbaren Konditionen dem Unternehmenssektor zur Verfügung zu stellen, wurde zwar vorbereitet. Technisch, so Mario Draghi, sei die Maßnahme sofort umsetzbar. Gleichzeitig warnte der EZB-Chef aber vor negativen Folgen einer solchen Maßnahme. In Deutschland wird der „Strafzins“ ohnehin kritisch gesehen.
Verteuerung des Baugelds frühestens im Herbst 2013
Diskutiert haben die zögerlichen Währungshüter auch über die Möglichkeit, den Banken zur Refinanzierung erneut langfristig billiges Zentralbankgeld zur Verfügung zu stellen. Bereits im Dezember 2012 und im Februar 2013 war die EZB mit dieser Variante erfolgreich. Im Gespräch sind auch eine Lockerung der Sicherheiten für Notenbankkredite und eine Wiederbelebung des Marktes für forderungsbesicherte Wertpapiere. Die sogenannten Asset Backed Securities sind eine alternative Form zur Unternehmensfinanzierung. Die Papiere können gehandelt werden, mit ihrem Verkauf verschaffen sich Banken zusätzliche Liquidität.