Es ist noch nicht einmal zwei Jahre her, da war die Rede davon, der Euro würde zerbrechen. Wohl nicht physisch entsprechend der Metapher, jedoch zumindest wertmäßig. Politiker und Notenbanker waren eifrigst um Schadensminderung bemüht, auch der Internationale Währungsfonds (IWF) war mit Wortbeiträgen aktiv beteiligt.
Wie der Phoenix aus der Asche erhob sich seitdem der Euro gegenüber anderen Währungen und so erleben wir jetzt scheinbar das komplette Gegenteil, zumindest wenn man Herrn Sarkozy Glauben schenken mag: der Euro sei stark und erdrücke so den Export und die wirtschaftliche Erholung. Die Europäischen Staaten müssten eine aktive Währungspolitik einführen, die Notenbank solle eine Wechselkurssteuerung umsetzen.
Rückgang des Ifo-Index belastet den Euro!?
Jüngst dann die Nachricht: „Rückgang des Ifo-Index belastet den Euro“. Ist hiermit also die Forderung von Herrn Sarkozy nach einem schwächeren Euro erfüllt? Also quasi eine Förderung der europäischen Wirtschaft durch niedrigere Wechselkurse, ausgelöst durch schlechte Nachrichten zur deutschen und europäischen Wirtschaft? Aber ist dann nicht auch zu befürchten, dass ein starkes Wirtschaftswachstum in Europa gerade dieses Wirtschaftswachstum mittels dann höherer Währungskurse wieder abwürgt?
Euro: Inflation, Wirtschaftswachstum, Arbeitslosigkeit, Verschuldung...
Die Welt ist leider nicht so einfach, wie uns viele Meldungen und Meinungsäußerungen Glauben machen wollen! Vielmehr spielen auch bei den Währungskursen eine Vielzahl von Einflussfaktoren eine Rolle: Inflation, Wirtschaftswachstum, Arbeitslosigkeit, Verschuldung, Zinshöhe, …. Und zwar nicht nur die Zahlen für den jeweiligen Wirtschaftsraum, sondern im Verhältnis zu den anderen Wirtschaftsräumen. Ein Wirtschaftswachstum von zwei Prozent für Europa wäre ein Indiz für eine Aufwertung des Euro. Bei gleichzeitigem Wirtschaftswachstum in den USA von vier Prozent jedoch eher ein Indiz für das Gegenteil.
Euro: Wirkung und Ursache
Wir müssen in unseren Betrachtungen, den öffentlichen Meinungsäußerungen und auch in der Presseberichterstattung weg von singulären Erklärungsmodellen und der Ableitung einer Wirkung aus einer Ursache. Ansonsten laufen wir Gefahr einer ständigen Übersteuerung, mal in die eine und dann wieder in die andere Richtung. Auch am einfachen Beispiel des Autofahrens ist ersichtlich, dass diese Methode nicht dem einfachen und gefahrlosen Vorankommen dienlich ist: erst nach links übersteuert, dann durch zu kräftige Gegenbewegungen nach rechts, dann wieder links, … Die Zielrichtung Geradeaus kommt in diesen hektischen Aktivitäten nicht mehr bewusst vor.
Vereinfachungen können dem Verständnis förderlich sein. Nicht jedes komplexe Thema kann jedoch sinnvoll auf einen immer noch wahren Kern reduziert werden. Oft ist hierzu hohes Fachwissen erforderlich, welches nicht zwingend jedem Politiker gegeben ist. Hier wären dann im Sinne des Vermeidens von Falschaussagen auch weniger Wortbeiträge sinnvoll. Dies gilt auch für die Wirtschaftsredaktionen der Medien, die nicht nur reproduktiv tätig werden müssen.