Laut einer vereinfachten „Debt Sustainability Rule “, müsste sich das staatliche Budget in Irland und in Griechenland massiv verbessern: Die Primärbilanz, das ist die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben exklusive Zinszahlungen, müsste sich gegenüber 2009 in Irland um den Gegenwert von 16,5 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) und in Griechenland um fast 19 Prozent des BIP verbessern. Beides scheint kaum erreichbar.
Beim Schuldenniveau lagen bis vor kurzem (2007) noch Welten zwischen den beiden Ländern mit 25 Prozent des BIP in Irland und 105 Prozent in Griechenland. Die Schätzung 2010 liegt bei rund 100 Prozent in Irland und 124 Prozent in Griechenland. Hintergründe und Dynamik der aktuellen Entwicklung sind allerdings sehr verschieden: Auf der einen Seite Griechenland mit einem großen Staatssektor, hohen Steuersätzen am Papier, aber einer niedrigen Steuerbasis und –moral, und einem unterdurchschnittlichen BIP pro Kopf.
Auf der anderen Seite Irland, das nach Jahren starken Wachstums in eine Immobilien- und Bankenkrise mit einer entsprechenden „Schubumkehr“ beim Wachstum und den Steuereinnahmen geriet, seine drittgrößte Bank verstaatlichen und nun aus diesem Grund seine Staatsschulden um ein mehr als ein Drittel ausweiten musste. Das ein überdurchschnittliches BIP pro Kopf hat, außenwirtschaftlich stark mit den USA und Großbritannien vernetzt ist, und seit Ausbruch der Krise durch fallende Lohnstückkosten bereits wieder an Wettbewerbsfähigkeit gewonnen hat.
Der wichtigste Sektor der irischen Volkswirtschaft, der Bausektor, wird leider auch mit sinkenden Löhnen noch nicht so schnell wieder zum Wachstumstreiber (und wichtigen Steuerzahler) werden können. Die Anpassungsfähigkeit der irischen Wirtschaft deutet aber noch immer auf gewisse Startvorteile im Vergleich zu Griechenland. Als positives Signal aus Griechenland kann gewertet werden, dass die Wähler auch nach den Sparpaketen und Protestwellen bei den letzten Wahlen der regierenden Partei überwiegend treu blieben. Diese Probe steht in Irland noch bevor.
Fazit: Griechenland ist noch immer näher am Status eines „Sanierungsfalls“ als Irland. Die EU-Hilfen setzen mit einer vergünstigten Finanzierung, kombiniert mit ambitionierten Sparzielen, an den richtigen Stellschrauben an. Da diese aber auf drei bzw. – ab heute gerechnet – 2,5 Jahre begrenzt sind, kommt für die weitere Entwicklung den diskutierten Nachfolgeregelungen eine zentrale Bedeutung zu.
Dipl.-Vw. Uta Pock
Volkswirtschaftsstudium in Freiburg und Münster (Dipl.-Vw.) sowie postgraduales Studium der Internationalen Wirtschaftsbeziehungen in Konstanz (lic.oec.int); von 1991 bis 1999 zunächst bei der Österreichischen Termin- und Optionenbörse (ÖTOB), anschließend bei der mit der ÖTOB fusionierten Wiener Börse AG in der Produktentwicklung tätig, zuletzt Projektmanagement für Zinsderivate in Zentral- und Osteuropa. Seit 1999 Aufbau und Leitung einer Research-Abteilung (Volkswirtschaft und Finanzmarktanalyse) für die Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG).