Die Wiedereinführung einer Vermögensteuer wird – neben verteilungspolitischen und budgetären Argumenten – vor allem auch damit begründet, dass in Österreich im internationalen Vergleich Vermögen viel zu niedrig besteuert wird. So beträgt nach der aktuellen OECD-Steuerstatistik 2008 der Anteil der Steuern auf Vermögen am gesamten Steueraufkommen im OECD-Durchschnitt 5,6 Prozent, in Österreich hingegen nur 1,3 Prozent.
Eine nähere Analyse zeigt allerdings, dass es nicht allgemeine Vermögensteuern sind, auf welche diese Unterschied zwischen Österreich und den anderen OECD-Ländern zurück zu führen sind. Die meisten OECD-Staaten haben nämlich die allgemeine Vermögensteuer in den letzten Jahren – so wie Österreich bereits vor 16 Jahren – abgeschafft. Vielmehr werden in vielen Ländern partielle Vermögensteuern wesentlich stärker genutzt als in Österreich, nämlich insbesondere Steuern auf unbewegliches Vermögen (im Wesentlichen Grundsteuern, zum Beispiel USA und Großbritannien) sowie Steuern auf Finanz- und Kapitaltransaktionen (zum Beispiel Grunderwerbsteuern sowie Börsenumsatzsteuern).
Allgemeine Vermögensteuer bewirkt sukzessive Enteignung
Eine allgemeine persönliche Vermögensteuer, die vom Gesamtvermögen berechnet wird, bewirkt eine Substanzbesteuerung, weil das Vermögen unabhängig davon besteuert wird, ob es einen Ertrag generiert oder nicht. Sie führt daher bei ertragslosem Vermögen zu einer sukzessiven Enteignung und ist meines Erachtens auch verfassungsrechtlich problematisch. Darüber hinaus ist die Einhebung sehr verwaltungsaufwendig, da es schwierig ist, Vermögen richtig zu bewerten und es vor allem für Immobilien und Unternehmen keine objektiven Verkehrswerte gibt. Überdies muss sie – wenn sie fiskalisch ergiebig sein soll – breit angelegt werden und damit zwangsläufig auch den Mittelstand treffen, der eigentlich steuerlich entlastet werden sollte.
Es sprechen daher meines Erachtens schwerwiegende Gründe gegen die Wiedereinführung einer allgemeinen Vermögensteuer, ganz abgesehen davon, dass ein solcher Schritt im europäischen Vergleich meines Erachtens auch einen steuerpolitischen Rückschritt mit einer negativen Auswirkung auf die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich bedeuten würde.
Wenn man Vermögen höher besteuern will, so sollte man vor allem die aus dem Vermögen stammenden Erträge (einschließlich Wertzuwächse) konsequent und flächendeckend besteuern. Dies würde etwa bedeuten, dass sämtliche Kapitalerträge – also zum Beispiel auch realisierte Substanzerträge aus Aktien - in eine einheitliche Kapitalertragsbesteuerung mit 25 Prozent einbezogen werden müssten.
Prof. Dr. Karl Bruckner
ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, Landesstelle Wien (KWT), Vorsitzender des Fachsenats für Steuerrecht der KWT
Mitglied ehemaliger Steuerreformkommissionen beim Bundesministerium für Finanzen, Präsidiumsmitglied der Österreichischen Gesellschaft der Wirtschaftstreuhänder ÖGWT, Mitherausgeber der Österreichischen Steuerzeitung und Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für das Rechnungswesen.