„Wir erwarten für die Aktienmärkte auf Jahressicht Performances von 15 bis 20 Prozent, wobei die Volatilität aufgrund der Eurokrise zumindest bis Jahresende hoch bleiben wird“, sagt Veronika Lammer, Head of Quant Research bei der Raiffeisen Bank International. Sie hat gemeinsam mit Ihrem Analysten-Team die BRIC Märkte – also Brasilien, Russland, Indien und China - analysiert.
Vergleicht man die Aktienindizes der Emerging Markets mit jenen der Industrienationen, so ist das Ergebnis der vergangenen zwei Jahren klar: Die Aktienindizes der Emerging Markets entwickelten sich weit schlechter als jene der Industrienationen. Besonders gravierend ist der Unterschied zwischen dem MSCI World, der im Beobachtungszeitraum vom 7. Juli 2010 bis 7. Juli 2012 um 23,6 Prozent zulegte und dem BRIC Index, der 13,15 Prozent verlor. Die Gründe dafür: Das negative Risikosentiment und die restriktive Geldpolitik in diesen Ländern.
Vieles spricht für Aufholjagd der BRIC
Doch angesichts eines starken BIP-Wachstums und weiterer positiver Anzeichen sollte sich der Abwärtstrend mittel- bis langfristig in einen Aufwärtstrend wandeln. Die Aktienmärkte der BRIC haben einiges aufzuholen - ist das Expertenteam der Raiffeisen Research der Raiffeisen Bank International überzeugt.
„Während im Dezember des vergangenen Jahres 9,6 Prozent des weltweiten Aktienmarktkapitals in den BRIC war, produzierten diese Länder 25,9 Prozent des BIP“, erklärt Lammer: „Hingegen erwirtschaftete die USA etwa 19,1 Prozent des Welt-BIP, die New Yorker Börse und Nasdaq machen aber 31,6 Prozent der weltweiten Marktkapitalisierung aus.“
Der Anteil der vier BRIC-Länder am Welt-BIP konnte sich in der Vergangenheit kontinuierlich steigern. Und das soll sich fortsetzen.
Der zu erwartende Gewinn an Produktivität und der Anstieg der Bevölkerung werden für ein langfristig höheres Potenzialwachstum sorgen, so Lammer. Auch die öffentliche Verschuldung liegt in den BRIC-Ländern niedriger als im Durchschnitt der Eurozone.
Für den Aufholtrend im BRIC-Raum spricht auch ein weiterer Faktor: „Zum Beispiel machen die Emerging Markets 84,4 Prozent der Weltbevölkerung aus, die Hälfte davon entfällt auf die BRIC-Länder“, so Lammer: „Das hohe BIP-Wachstum schlägt sich auch im Energiekonsum nieder - die Emerging Markets machen 52 Prozent des weltweiten Energiekonsums aus, wobei die BRIC alleine für 33,4 Prozent zuständig sind. Im Vergleich dazu: Die USA verbrauchen 18,5 Prozent und die Europäische Union 13,8 Prozent.“
Günstige Bewertungen
Das Hauptargument, das für eine Kaufempfehlung der BRIC zählt, ist jedoch die Bewertung. Lammer: „Gerechnet mit den Gewinnerwartungen für die nächsten zwölf Monate notiert der
MSCI Indien – als der Teuerste der BRIC – aktuell bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 13. Die MSCI Brasilien und China liegen bei etwa neun und der MSCI Russland weist ein KGV von unter 5 aus.“ Zudem wurden die Gewinnerwartungen im Durchschnitt nicht mehr weiter nach unten revidiert, sondern für China und Indien nun wieder angehoben und für Brasilien sind sie stabil geblieben. Nur für Russland wurden abhängig vom Ölpreis die Gewinnerwartungen zuletzt wieder zurückgenommen.
„Das Verhältnis von Preis zu Buchwert liegt für die BRIC bei 1,4, wobei der MSCI Russland unter 1 bewertet wird, der MSCI Indien dagegen mit respektablen 2,6“, sagt Lammer.
Mittelfristig wird China die am stärksten wachsende große Volkswirtschaften der Welt sein, darauf folgend wird Indien diesen Platz übernehmen, analysiert die Expertin. Neben internationalen Konzernen werden vor allem die heimischen chinesischen Unternehmen den größten Profit davon lukrieren. Auch Brasilien bleibt mittelfristig einerseits als Rohstofflieferant für den Ausbau der Infrastruktur in den Emerging Markets, andererseits als größtes und politisch stabiles Land im dynamischen Lateinamerika ein attraktives Investment, so Lammer.
Abgesehen von den Turbulenzen rund um die Eurozone, die sich auch weiterhin zumindest bis Jahresende im BRIC-Raum bemerkbar machen werden, befinden sich die Emerging Markets-Aktienmärkte eindeutig auf Kaufniveau. Lammer: „Die aktuelle Underperformance der BRIC ist demnach eine sehr gute Gelegenheit für mittel- bis längerfristig orientierte Investoren.“