Da haben Sie sich wahrscheinlich die Augen reiben müssen als frühmorgens feststand: Donald Trump wird der 45. Präsident der Vereinigten Staaten. Eine nie gesehene Schlammschlacht, Kommentare unterhalb der Gürtellinie und Aussagen, eine riesige Mauer zu bauen, sorgen für Unsicherheit. Nichts mehr aber hassen die Finanzmärkte mehr als Unsicherheit und Unberechenbarkeit.
Den meisten Anlegern wäre Hillary Clinton deshalb lieber gewesen. In den Tagen vor der Wahl gingen die Börsen nach oben – Clinton galt als Favoritin. Doch wie schon beim Brexit lagen die Statistiker daneben. Als dann aber am Morgen des 9. November klar war, Trump macht das Rennen, rauschten sämtliche Aktienindizes nach unten. Die bekannten sicheren Häfen waren wieder begehrt: Bundesanleihen, Gold oder Franken etwa.
Trumps Sieg war für viele Bürger aber auch Anleger zunächst ein Schock. Doch an der Börse war der Knall schnell verhallt. Bereits am Nachmittag waren die Verluste mehrheitlich wieder wettgemacht –
kein Vergleich zum Brexit. Alles halb so wild? „Mittelfristig erhellen die von Trump angekündigten Einkommens- und Unternehmenssteuersenkungen den Gewinn- und Wachstumsausblick. Auch unsere grundsätzlich positive Ausrichtung zu Aktien bleibt aufrecht, weniger kalkulierbar ist hingegen der künftige US-Kurs in geld-, innen- und außenpolitischen Fragen“, sagt Christian Nemeth, Leiter der Investmentabteilung der Zürcher Kantonalbank Österreich.
Trotz des Getöses im Wahlkampf geht Nemeth von einer maßvolleren Wirtschaftspolitik aus: „Eine realpolitische Herangehensweise erscheint uns, zumindest im wirtschaftlichen Bereich, sehr wahrscheinlich.“ Nach den ersten Turbulenzen rechnet Nemeth mittelfristig mit positiven Auswirkungen auf Wachstum und Arbeitsmarkt aufgrund der von Trump angestrebten Steuersenkungen und Investitionen in den Sicherheits- und Militärbereich.
Unter Reagan, der eine solche Politik praktiziert habe, sei die Arbeitslosenrate deutlich zurückgegangen, der S&P-Index habe sich verdoppelt und der Dollar legte handelsgewichtet zu. Allerdings hinkt der Vergleich zu Reagan. Als Problem sehen die Experten die mangelnde Liberalität in puncto Innen- und Außenhandelspolitik. Insgesamt würden die Frühindikatoren für 2017 grünes Licht zeigen.