60 Milliarden Euro pro Monat, 720 Milliarden Euro pro Jahr. Die EZB lässt sich die erwarteten Wertpapierkäufe mehr Geld kosten als bisher gedacht. Die Notenbank löst damit eine neue Geldflut aus - und geht hohe Risiken ein.
Die Europäische Zentralbank (EZB) wird bis Ende September 2016 monatlich für 60 Milliarden Euro Staatsanleihen und andere Wertpapiere aus den Euro-Ländern aufkaufen - vorerst. Sollten bis dahin die erwünschten Effekte nicht eingetreten sein, könne das Aufkauf-Programm auch weitergehen, so Draghi.
Nach Bekanntgabe des erwarteten Kaufprogramms drehten die Aktienmärkte ins Plus und gewinnen teils kräftig. Gleichzeitig drückt die neue Geldschwemme den Euro unter die Marke von 1,15 Dollar, nachdem die Gemeinschaftswährung am Vormittag noch bei 1,1628 Dollar notiert hatte.
Erwartet war ursprünglich ein Kaufprogramm von 500 Milliarden Euro. In den letzten Tagen waren aber auch höhere Summen genannt worden. Zugleich beschloss der EZB-Rat bei seiner Sitzung in Frankfurt wie erwartet, den Leitzins im Euroraum auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent zu belassen.
EZB: Nach Vorbild der USA gegen das Gespenst Deflation
Die EZB hofft, mit ihrer ultra-lockeren Geldpolitik nach dem Vorbild der USA in der Eurozone die Gefahr einer Deflation abwenden zu können, also ein Abrutschen der Wirtschaft in eine langanhaltende Schwächephase aus fallenden Preisen auf breiter Front und schrumpfenden Investitionen.
EZB: Scharfe Kritik aus Deutschland
Vor allem die deutsche Wirtschaft kritisiert den von der EZB angekündigten groß angelegten Kauf von Staatsanleihen. "Die EZB ist zum Gefangenen der eigenen Ankündigungen geworden", so der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben. "Sie hat ohne Not nun ihren letzten Trumpf ausgespielt. Dabei überwiegen eindeutig die Risiken: Die Wirkung des Ankaufs von Staatsanleihen auf die Preisentwicklung in der Eurozone ist unsicher."
EZB: Auch Notenbanker uneins
Der massenhafte Kauf von Staatsanleihen - in Fachkreisen auch quantitative Lockerung oder "QE" ("Quantitative Easing") genannt - ist aber auch unter Notenbankern umstritten. Kritiker betonen, das Zinsniveau im Euroraum mit einem Leitzins von 0,05 Prozent sei bereits extrem niedrig. Die Impulse weiterer Maßnahmen seien daher begrenzt. Weiters wird befürchtet, dass die EZB die Reformbemühungen in Krisenländern bremst, wenn sie den Staaten in großem Stil Schuldscheine abkauft.
EZB: Drei Milliarden aus Österreichs
Für die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) bedeutet der EZB-Beschluss, dass sie gemäß Kapitalschlüssel pro Monat 3 Milliarden Euro Anleihen kaufen werde, so EZB-Ratsmitglied und Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny. Vermutlich werden es österreichische Staatspapiere sein.
Die Verlustrisiken für Österreichs Steuerzahler durch die Anleihenkäufe sind aber begrenzt: Die Aufteilung der Käufe auf die einzelnen Euroländer richtet sich nach dem jeweiligen Anteil eines Landes am EZB-Kapital - nach deren Bevölkerungsanzahl und deren Wirtschaftsleistung. Daher wird die EZB vor allem deutsche Bundesanleihen aufkaufen, gefolgt von französischen und italienischen Papieren. Nur 20 Prozent der Anleihekäufe unterliegen einer gemeinsamen Risikohaftung. Dazu zählen die Anleihen von EU-Institutionen, auf die zwölf Prozent der Käufe entfallen sollen.