Franken-Freigabe kostet allein die 150.000 österreichischen Haushalte mit Franken-Krediten auf dem Papier fast 4,5 Milliarden Euro.
Analysten, Händler und Banker waren geschockt, vielen fehlten die Worte: Die Schweizerische Nationalbank (SNB) habe „dem Druck der Märkte nachgegeben“ und „riskiere ihre Glaubwürdigkeit“, war die fast einhellige Meinung an den Finanzmärkten, wo der wichtigste Schweizer Aktienindex SMI, zeitweise um mehr als zwölf Prozent einbrach. Gleichzeitig sackte der Frankenkurs des Euro auf das unglaubliche Tagestief von nur noch 0,96 Franken ab und selbst von der EZB wurde der Referenzkurs am Abend mit nur noch 1,028 Franken festgestellt.
29,5 Milliarden an Frankenkrediten
Den rund 150.000 privaten Franken-Kreditnehmern aus Österreich, die laut OeNB Ende November 2014 mit 29,5 Milliarden Euro in Franken verschuldet waren, eröffnet sich damit überraschend ein neuer Akt in einem bereits seit Oktober 2010 andauernden Trauerspiel. Damals war der Euro erstmals nachhaltig unter 150 Franken abgestürzt, was von den meisten Experten zuvor noch für so gut wie unmöglich und allenfalls vorübergehend erklärt worden war. Dann eskalierte die Eurozonenkrise weiter und im August 2011, als die Finanzmärkte massiv auf ein Auseinanderbrechen der Eurozone spekulierten, stürzte der Euro erstmals bis knapp an die Parität, woraufhin die Schweizerische Notenbank im Oktober erklärte, einen Mindestkurs von 1,20 „um jeden Preis“ verteidigen zu wollen – was die SNB-Führung übrigens kurz vor Weihnachten noch ausdrücklich bestätigt hatte.
Angst vor nächster monetärer Lockerung der EZB
Seit der Euro aber auch gegen den US-Dollar massiv an Wert verliert, werden die Euro-Käufe der SNB so massiv angeschwollen sein, dass die SNB sich letztlich gezwungen gesehen haben muss, nicht die nächste massive Lockerung der EZB abzuwarten, die wie berichtet mit großer Wahrscheinlichkeit am 22. Jänner erfolgen und den Außenwert des Euro weiter reduzierten wird. So es bis zur nächsten Fälligkeit zu keiner Erholung des Euro kommen, verteuert sich für Franken-Kreditnehmer die nächste Rate also um gut 15 Prozent, während die insgesamt aushaftende Kreditsumme ebenfalls in dieser Größenordnung zunimmt. Allein für die österreichischen Haushalte bedeutet das auf dem Papier ein Ansteigen ihrer Schulden um knapp 4,5 Milliarden Euro,
Zwangskonvertierung oder höhere Sicherheitsleistung?
Für viele Kreditnehmer birgt nun auch die Gefahr, dass bestimmte mit der Bank vereinbarte Schwellenwerte überschritten werden, bei denen die Bank sich vertraglich zusätzliche Sicherheiten oder einer Zwangskonvertierung ausbedungen hat. Ist dies hingegen nicht vereinbart und die Bank stellt dennoch entsprechende Forderungen, hat sie laut VKI kaum Chancen, diese durchzusetzen. Immerhin laufen laut OeNB fast 60 Prozent der
Fremdwährungskredite der österreichischen Haushalte noch mehr als zehn Jahre und sind endfällig. Eine Konvertierung zum aktuellen Kurs sollte deshalb wohl sehr genau überlegt werden, die schließlich zum bislang schlechtesten Kurs aller Zeiten erfolgen müsste.
Guthabenzinsen von bis zu minus 1,2 Prozent
Immerhin hat die SNB gestern auch bekannt gegeben, den Leitzins auf - 0,75 Prozent zu senken, wobei der Korridor für 3-Monats Interbank-Guthaben sogar von bislang − 0,75 Prozent bis + 0,25 Prozent vollends in den negativen Bereich von – 1,25 Prozent bis − 0,25 Prozent geschoben werden soll.
Dabei hofft SNB-Chef Thomas Jordan bei seiner Pressekonferenz zwar, den Schweizer Kleinsparern bliebe ein Negativzinssatz erspart, „weil die Banken Interesse haben, dass die Kleinsparer langfristig ihre Kunden bleiben“. Die Großkunden müsse es aber treffen und für genau die sei es auch gedacht. Das trifft jedenfalls europäische Geldhaltern, die einen „sicheren Haven“ für ihre Euros suchen und letztlich die Hauptverantwortung für die jahrelange Franken-Stärke tragen. Folglich wird ein weiterer Anstieg des Franken davon abhängen, ob bei einem Kurs in der Gegend der Parität noch weiteres Aufwertungspotential des Franken gesehen wird um den Negativzinsen entgegenzuwirken.
Hoffnung auf Happy-Ending
Einkaufsstädte an der Schweizer Grenze bereiten sich jedenfalls bereits auf eine Invasion Schweizer Kunden vor, während Exportindustrie und Tourismus ihren baldigen Untergang an die Wand malen. Träfe aber auch nur ein kleiner Teil der geäußerten Befürchtungen ein, dann sollte auch der Höhenflug ein Ende finden und irgendwann vielleicht sogar ins Gegenteil umschlagen - womit den Franken-Schuldnern immerhin noch eine kleine Hoffnung auf ein
Happy-End ihrer Währungsspekulationen übrig bleibt.