Die Beibehaltung des Bankgeheimnisses für ausländische Anleger wird mittelfristig nicht möglich sein und lässt sich auch politisch kaum begründen, so die aktuelle Einschätzung von Präsident Mag. Klaus Hübner und Vizepräsident Prof. Dr. Karl Bruckner von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder.
Nach Paragraf 33 Abs. 2 Bankwesengesetz (BWG ) gelte das österreichische Bankgeheimnis schon derzeit in folgenden Fällen nicht, macht Bruckner aufmerksam: "... im Zusammenhang mit einem Strafverfahren auf Grund einer gerichtlichen Bewilligung (Paragraf 116 StPO) gegenüber den Staatsanwaltschaften und Strafgerichten und mit eingeleiteten Strafverfahren wegen vorsätzlicher Finanzvergehen, ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten, gegenüber den Finanzstrafbehörden".
Höchstgericht sieht mangelnden Rechtschutz in Deutschland
Das Problem ist, dass bei Finanzvergehen das Bankgeheimnis von ausländischen Finanzbehörden nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) derzeit dann nicht geknackt werden kann, wenn das ausländische Finanzstrafrecht keine formelle Einleitung eines Finanzstrafverfahrens (und damit einen Rechtschutz!) vorsieht. Deshalb können zum Beispiel deutsche Finanzbehörden das österreichische Bankgeheimnis derzeit nicht knacken.
Österreich wird aus Sicht der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in diesem Punkt aber nachgeben müssen und in begründeten Verdachtsfällen bei ausländischen Anlegern auch gegenüber ausländischen Finanzbehörden auf das Bankgeheimnis verzichten müssen. Allerdings, so Wirtschaftstreuhänder Bruckner, handle es sich beim Bankgeheimnis um eine Verfassungsbestimmung, die daher von der Regierung alleine nicht beschlossen werden kann.
Steueroasen
Lockerung des Bankgeheimnisses
Steueroasen
Risse im Bankgeheimnis
Der Verzicht auf das Bankgeheimnis für ausländische Anleger bedeute aber nicht, dass es zu einem automatischen Informationsaustausch mit dem Ausland kommen muss, so Bruckner. Möglich wäre die Aufgabe des Bankgeheimnisses hinsichtlich ausländischer (nicht in Österreich ansässiger) Steuerpflichtiger bei begründetem Verdacht, aber kein automatischer Informationsaustausch.
Bankgeheimnis und Steuerwettbewerb
Gegenüber österreichischen Staatsbürgern sollte das Bankgeheimnis aus der Sicht der Kammer erhalten bleiben. Es handle sich um ein in Österreich seit Jahrzehnten bestehendes und von den ÖsterreicherInnen sehr geschätztes Rechtsgut, dass vor allem die Privatsphäre hinsichtlich des Geldvermögens schütze. In Strafverfahren sowie Finanzstrafverfahren könne es von den Gerichten bzw. Behörden ohnedies geknackt werden, so Bruckner..
Das Thema Steuerhinterziehung ist in Österreich dank der Endbesteuerung mit 25 Prozent Kapitalertragsteuer, die von den Banken einbehalten und an den Fiskus abgeführt wird, kein Problem. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist für eine Steuerharmonisierung bei der Bemessungsgrundlage (Gewinnermittlung der Unternehmen), aber strikt gegen eine Harmonisierung der Steuersätze bei der Einkommenssteuer und der Körperschaftssteuer.
Ein gewisser Steuerwettbewerb bei den Steuersätzen mache aus ihrer Sicht durchaus Sinn. Die EU-Staaten werden damit gezwungen, Steuersätze zu senken und ihre Verwaltungen schlank zu halten - dies sei vor allem für die aufstrebenden CEE-Staaten wichtig. Wettbewerb belebe eben die Sinne! Der Wettbewerb müsse allerdings fair sein und dürfe keine verdeckten Bevorzugungen von Ausländern beinhalten.
Österreich, Luxemburg und Belgien müssen laut der geltenden EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie ihre Ausnahmeregelung beim Bankgeheimnis aufgeben, sobald die EU mit Liechtenstein, der Schweiz, Monaco, San Marino und Andorra Abkommen über die Auskunftserteilung nach OECD-Standards schließt. Die derzeit geltende Ausnahmebestimmung gestattet es den drei EU-Staaten, eine Quellensteuer von ausländischen Kontobesitzern einzuheben, ohne automatisch Informationen über sie an ihre Heimat-Finanzämter zu melden. Für ein Ende des Bankgeheimnisses in Österreich, Luxemburg und Belgien muss die EU laut der Richtlinie allerdings auch feststellen, dass die USA und Steueroasen wie der US-Bundesstaat Delaware OECD-Standards erfüllen.