Samstag, 18.05.2024 06:58 Uhr
RSS | Inhalt |
Caritas-Präsident Franz Küberl
 
18.11.2011

Caritas-Präsident Franz Küberl „Wir haben es mit einer gewaltigen strukturellen Sünde zu tun“

Von Erwin J. FRasl
Staatschuldenkrise, Geldgier, verführerische Werbesprüche der Finanzbranche und als Folge davon Ungerechtigkeit, Leid, Elend und Not. Biallo.at sprach darüber mit Caritas-Präsident Franz Küberl.
Geldgier-Staatschuldenkrise-Werbesprüche-Finanzbranche-Ungerechtigkeit-Leid-Elend-Not-Banken-Bankmanager-Spekulationsgeschäfte-ordentlichenr Kaufmann-Sorgfaltspflicht-Akteure-miserable Rolle-Bankgeschäft-Krise-Europäischen Union-Eurozo
Caritas-Präsident Franz Küberl: "Wir haben es mit einer gewaltigen strukturellen Sünde zu tun, die enorm viel Ungerechtigkeit schafft und ständig Leid, Elend und Not produziert, denken Sie an die Folgen der weltweiten Nahrungsmitt
Biallo.at: Banken bzw. Bankmanager werden zunehmend kritisch beurteilt. Wie beurteilen Sie die Rolle der Banken bzw. von Bankmanagern?

Franz Küberl: Es ist eine Tatsache, dass es Banken und BankmanagerInnen gibt, die bei diesen Spekulationsgeschäften etc. aus ethischen Überlegungen oder einfach auf Basis der Grundsätze des ordentlichen Kaufmanns (Stichwort: Sorgfaltspflicht) nicht mitgemacht haben. Allein daraus ergibt es sich andererseits, dass zu viele in dieser Branche und viele ihrer Akteure absolut eine miserable Rolle gespielt haben. Während die einen dem Ursprung des Bankgeschäfts treu geblieben sind und dafür in der Vergangenheit sogar "belächelt" wurden, haben sich andere ganz der Geldgier verschrieben. Man muss aber auch sagen, dass es genug Menschen gab und nach wie vor gibt, die den Werbesprüchen der Finanzbranche allzu rasch und leichtfertigt geglaubt haben. "Lassen Sie Ihr Geld für sich arbeiten", hieß es da. So ein Geschäftsmodell funktioniert nur, wenn es genügend Menschen findet, die mitmachen und dabei nicht nachdenken. Was aber wirklich bitter ist, ist die Tatsache, dass wir ja so weiter machen. Es fehlt das Lernen aus den Fehlern der Vergangenheit.



Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft auch für Finanzwirtschaft notwendig

Biallo.at: Wer trägt aus Ihrer Sicht die Hauptverantwortung für die Krise in der Europäischen Union, insbesondere in der Eurozone – die Politiker, die Banken oder die internationalen Rating-Agenturen?

Küberl: Alle zusammen. Es ist ganz massiv auch eine Systemfrage. Erlauben Sie mir auch einen theologischen Bezug herzustellen. Wir haben es mit einer gewaltigen strukturellen Sünde zu tun, die enorm viel Ungerechtigkeit schafft und ständig Leid, Elend und Not produziert, denken Sie an die Folgen der weltweiten Nahrungsmittelspekulationen. Für Europa gesprochen: Wir müssen die Prinzipien der ökosozialen Marktwirtschaft auf die Finanzwirtschaft übertragen. In der Realwirtschaft lassen wir Vieles schon lange nicht mehr zu, was in der Finanzwirtschaft gang und gebe ist.

Biallo.at: Was sollten die Politiker in Österreich bzw. in der Europäischen Union oder auf der Ebene der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer tun, um Auswüchse des Finanzsystems zu verhindern?

Küberl: Um einige Beispiele zu nennen: Jedes Finanzprodukt muss einer Genehmigung unterzogen werden - auch für jedes Auto gibt es einen Zulassungsschein -, die Finanztransaktionssteuer muss schon allein aus Transparenzgründen eingeführt werden, Gewinne auf den Finanzmärkten müssen für die sozialen und ökologischen und weltweiten Herausforderungen herangezogen werden und die Spekulation mit Lebensmitteln muss untersagt werden. Flugbenzin gehört ebenso besteuert wie der Treibstoff für die Frachtschiffe. Die Profite aus der Globalisierung müssen derart weltweit besteuert werden, damit Mittel da sind, um die Millenniumsentwicklungsziele zu erreichen und vor allem den Hunger auszurotten, die Weltmeere vom Plastik zu befreien und die Folgen des Klimawandels für die ärmsten Regionen der Welt aufzufangen.

Biallo.at: Wie sind Ihre persönlichen Erfahrungen mit Banken oder anderen Finanzdienstleistern?

Küberl: Ich habe ja nur mit Banken zu tun, die soziale Verantwortung als Aufgabe sehen. Und hier gibt es viele Beispiele für konkrete Unterstützung: Das geht von der Entwicklung einer Zweiten Sparkasse über Habenkonten, Unterstützung von Hilfsprojekten bis zu Kampagnensponsoring und, und, und.


Bewegungen des Zorns sind wichtiger Funken für Veränderung

Biallo.at: Wird es der EU-Politik gelingen, die Finanzlobby wie andere Bereiche der Wirtschaft einer parlamentarischen Kontrolle zu unterziehen oder wird die Finanzlobby auch in der Europäischen Union mächtiger als Politiker bleiben?

Küberl: Ich bin ein Optimist und selbst in der Finanzlobby macht sich die Erkenntnis breit, dass es so nicht mehr weiter gehen kann. Und wir haben es mit Themen und Problemen zu tun, die schon im Alten Testament hoch aktuell waren. Der Kapitalismus wurde in vielen Ländern in die Bahnen der sozialen Marktwirtschaft gelenkt und damit humanisiert, denn soviel Wohlfahrt für die breite Bevölkerung, wie wir durch die soziale Marktwirtschaft erzielen konnten, ist historisch ein einmaliges Ereignis. Das ist ein Erfolgsmodell und daher Vorbild für die Finanzwirtschaft, wenn auch durch die globale Vernetzung schwieriger in der Umsetzung.

Biallo.at: Was halten Sie von neuen Bewegungen, die gegen die Macht der Banken und Finanzdienstleister demonstrieren, wie etwa "Occupy Wall Street"?

Küberl: Sehr viel. Das sind Bewegungen des Zorns und gleichzeitig ganz wichtige Funken für Veränderung. Es ist viel Wut da, die nur allzu verständlich ist. Und die Politik muss diese Bewegungen ernst nehmen und wird viel Mut brauchen für eine klügere Politik.

Caritas Österreich

Für die Caritas arbeiten in Österreich 12.015 hauptberufliche MitarbeiterInnen und über 27.000 ehrenamtlich Engagierte in Pfarren und Einrichtungen der Caritas. Die Caritas hilft dabei mit mit folgenden Projekten.

Menschen in Not: 27 Obdachloseneinrichtungen, davon neun Mutter-Kind-Häuser. Über 51.500 Menschen erhalten Rat und Unterstützung in einer der 36 Caritas-Sozialberatungsstellen. Insgesamt zahlte die Caritas rund 3,3 Millionen Euro an Soforthilfe aus.

Betreuen und Pflegen: Rund zwei Millionen. Einsatzstunden in der Betreuung und Pflege zu Hause. 46 SeniorInnen- und Pflegehäuser, über 4.500 betreute Menschen in SeniorInnen - und Pflegehäusern,  rund 5.000 MitarbeiterInnen

Hospiz und Palliative Care: Rund 4.000 schwer kranke und sterbende Menschen werden von der Caritas betreut, mehr als 300 ehrenamtliche und 100 angestellte MitarbeiterInnen

Menschen mit Behinderung: Rund 5.100 betreute Personen (Teil- und Vollzeitwohnen, Arbeitsprojekte, Qualifizierungsmaßnahmen, Assistenzdienste), zusätzlich werden über 3.300 Menschen sozialpsychiatrisch betreut (meist Beratungsdienste).über 3.100 hauptberufliche MitarbeiterInnen

Flüchtlingshilfe: Die Caritas beherbergt im Auftrag der Bundesländer AsylwerberInnen in 35 Häusern,berät in 35 Beratungsstellen und betreut auch in entlegenen Quartieren mobil.
etwa 560 hauptamtliche MitarbeiterInnen in Flüchtlings und MigrantInnendiensten

Caritas Auslandshilfe: Die Caritas Österreich förderte im Jahr 2010 weltweit 555 Hilfsprojekte.
Das Gesamtvolumen dieser Hilfe beträgt 25,7 Millionen Euro.Schwerpunkte sind: Katastrophenhilfe, Kinder in Not, langfristige Existenzsicherung, Frauen, HIV/Aids, Roma und andere Minderheiten, Menschen mit Behinderung, Menschen auf der Flucht

Spenden an die Caritas: 60,6 Millionen Euro betragen die Spenden an die Caritas.
Die größte Kampagne ist die Augustsammlung (»Meine Spende lebt«) mit einem Volumen von 3,2 Millionen Euro. Die Kinderkampagne (Straßenkinder/Osteuropa) und die Inlandskampagne bringen 1,5 Millionen Euro bzw. 2,2 Millionen Euro. Die Mittel aus der Haussammlung betragen 5,8 Millionen Euro. Licht ins Dunkel unterstützt die CaritasHilfe mit 400.000 Euro. Aus der »Aktion Wundertüte« kommen 315.000 Euro.

Leserkommentare
Kommentar schreiben
Name:
E-Mail:

Code hier eingeben: (neu laden)
Überschrift:
Kommentar:
Foto: Caritas/Furgler ID:2160
* Anzeige: Mit Sternchen (*) gekennzeichnete Links sind Werbelinks. Wenn Sie auf so einen Link klicken, etwas kaufen oder abschließen, erhalten wir eine Provision. Für Sie ergeben sich keine Mehrkosten und Sie unterstützen unsere Arbeit.
Anzeige
Tagesgeld
Nr. Anbieter Zins  
1 zur Bank
3,600 %
zur Bank
2 Renault Bank direkt
3,300 %
zur Bank
3 zur Bank
3,300 %
zur Bank
4 zur Bank
3,000 %
zur Bank
5 zur Bank
0,550 %
zur Bank
Laufzeit:3 Monate; Betrag 20.000 Euro
Gesamten Vergleich anzeigen:Tagesgeld
Sparindex
Tagesgeld
Tagesgeld-Index Österreich
Durchschnittszins, 10.000 Euro
Anzeige
|link.alt|
Festgeld
Nr. Anbieter Zins  
1 zur Bank
3,400 %
zur Bank
2 Renault Bank direkt
3,300 %
zur Bank
3 zur Bank
3,200 %
zur Bank
4 zur Bank
3,150 %
zur Bank
Laufzeit:12 Monate; Betrag 20.000 Euro
Gesamten Vergleich anzeigen:Festgeld
Sparindex
Festgeld
Tagesgeld-Index Österreich
Durchschnittszins, 10.000 Euro
Anzeige
.
© 2024 Biallo & Team GmbH - - Impressum - Datenschutz