Laut aktueller Studie der Arbeiterkammer Oberösterreich (AK OÖ) wurden von der im Jahr 2011 produzierten Wertschöpfung 67 Prozent an Arbeitnehmer verteilt. Dieser Anteil - die Lohnquote - war bis zum Jahr 2007 gar auf 64,6 Prozent gefallen, in den darauffolgenden wachstumsschwachen Jahren konnten gute Lohnabschlüsse laut AK jedoch eine stabilisierende Wirkung entfalten.
2009 lag die Quote dann wieder bei knapp mehr als 69 Prozent. Hätte man das auch 2010 und 2011 erreicht, dann hätten Österreichs Arbeitnehmer insgesamt um 7,2 Milliarden Euro mehr Lohn erhalten. Sattdessen floss das Geld in „Gewinne, Dividenden und Besitzeinkommen“, kritisiert die Arbeiterkammer.
Überstunden wurden nicht abgegolten
Erschwerend kommt hinzu, dass den Arbeitnehmern in den Jahren 2010 und 2011 fast ein Viertel der gesamt 138 Millionen Überstunden nicht bezahlt wurde. Bewertet mit einem durchschnittlichen Stundensatz plus Überstundenzuschlag entgingen ihnen damit in Summe rund 2,7 Milliarden Euro an Löhnen. Allein in Oberösterreich wurden geschätzte 430 Millionen Euro an Überstundengeld einbehalten.
Das gesamte wöchentlich geleistete Überstundenvolumen entspricht bei einer 38,5-Stunden-Woche rund 150.000 Arbeitsplätzen, rechnet die AK vor. Würden allein die nicht abgegoltenen Überstunden in reguläre Arbeitsplätze überführt, könnten somit mehr als 30.000 Vollzeit-Arbeitsplätze entstehen.
Aber nicht nur die Lohnquote an sich sinkt, gleichzeitig nehmen auch die Einkommensunterschiede zwischen den einzelnen Gruppen weiter zu. Denn 20 Prozent der Beschäftigten mit den geringsten Löhnen verdienen gemeinsam nur zwei Prozent der Lohnsumme. Das einkommensstärkste Fünftel hingegen vereint fast die Hälfte, nämlich 47,4 Prozent, auf sich. Die drei „mittleren“ Fünftel beziehen etwas mehr als die Hälfte.
In den letzten zehn Jahren erhöhte zwar sich der Lohnanteil des niedrigverdienenden Fünftels nominell, also ohne Berücksichtigung der Teuerung, um rund zehn Prozent auf in Summe 2,3 Milliarden Euro. Fast viermal so stark stieg jedoch die Lohn- und Gehaltsmenge bei den Höchstverdienenden auf gesamt 53,7 Milliarden Euro.
„Pro Kopf“ gerechnet bleibt im Durchschnitt beim geringverdienenden Fünftel im Zehnjahreszeitraum sogar ein nominelles Minus von zwei Prozent. Würde die Inflation noch abgezogen ergibt sich am unteren Ende ein Minus von 19 Prozent.
„Atypische“ Beschäftigungsformen nehmen zu
Diese Entwicklung spiegelt die Veränderungen in der Beschäftigtenstruktur wider, nämlich die Zunahme „atypischer“ Beschäftigungsformen wie geringfügige oder Teilzeitbeschäftigung, Unterbrechungen der Berufstätigkeit wegen Kündigung und Befristung, Leiharbeit, aber auch geringentlohnte Vollzeit. Von geringer Entlohnung sind vor allem Frauen betroffen.
Lohnsteuerstufen wurden nicht an Inflation angepasst
Ein weiteres Rechenbeispiel legt die AK beim Thema Lohnsteuer vor. Hätten sich die Lohnsteuern in den vergangenen zehn Jahren genauso wie die Löhne entwickelt, dann hätten die Arbeitnehmer im Jahr 2010 in Österreich um rund 518 Millionen Euro weniger Steuer bezahlt. Pro Kopf gerechnet sind das in Österreich fast 130 Euro, in Oberösterreich sogar fast 170 Euro im Jahr.
Dementsprechend fordert Oberösterreichs AK-Präsident Johann Kalliauer „eine gerechte Teilhabe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am hohen Wohlstandszuwachs 2010 und 2011, die korrekte Abgeltung und den Abbau von Überstunden, die Absenkung des Eingangssteuersatzes bei der Lohnsteuer sowie eine jährliche Anpassung der Steuerstufen an die Teuerung“.
An der Spitze der Lohnpyramide will die AK eine Begrenzung der steuerlichen Absetzbarkeit und eine Koppelung von Prämien an soziale und ökologische Kriterien. Zudem soll der Mindestlohn bei Vollzeit auf mehr als 1.300 Euro angehoben und eine Vermögenssteuer ab einer Million Euro sowie eine Finanztransaktionssteuer eingeführt werden.