Privatisierungsstopp, mehr Mindestlohn, tausende neue Staatsdiener: Tsipras dreht die bisherigen Reformen in Griechenland zurück – und geht auf Konfrontation mit Euroland und EU.
Eines kann man den neuen griechischen Protagonisten Alexis Tsipras und Yanis Varoufakis nicht vorwerfen: Sie spielten auf Zeit.
Während in Österreich und anderswo in Europa nach Wahlen oft wochenlange Koalitionsverhandlungen mit nächtlichen Sitzungen die Regierungsgeschäfte blockieren, startete der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras in der vergangenen Woche sofort durch. Zusammen mit seinem neuen Finanzminister Yanis Varoufakis bringt er dabei das Duo Euroland und EU mächtig auf Trab:
Griechenland: Sparen war gestern
In Hellas ist offenbar Ende mit der bisherigen Sparpolitik. Die Troika aus EU, EZB und Internationalem Währungsfonds, die die Einhaltung von Spar- und Reformauflagen mit strengen Augen bewacht, hat die neue Regierung in Athen kurzerhand rausgeworfen. Das Ziel dieser Politik ist ein Schuldenschnitt. „Die Politik der letzten fünf Jahre hat in Europa nur Rassisten und Faschisten genützt“, mahnt der neue Finanzminister Varoufakis. Der „Popstars der Ökonomie“, wie der Wirtschaftsprofessor auch genannt wird, ist bekannt für sein schrilles Auftreten und seine polternde Rhetorik: Das Rettungsprogramm der EU für Griechenland geißelte er denn gleich als „fiskalisches Waterboarding“.
Griechische Provokation zeigt Wirkung
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nutzte die Gunst der Stunde mit seiner bereits bekannten Forderung, die ungeliebte „Troika“ abzuschaffen. 1:0 für Tsipras und Varoufakis. Damit trägt Juncker zur offensichtlich von den Griechen angestrebten Isolierung der deutschen Bundesregierung in Sachen EU-Krisenmanagement bei. Der Nachbar Deutschland steht mit seiner Kanzlerin Merkel wie kein zweites Land in der Eurozone für Stabilitätspolitik – und hat sich damit in vielen Mitgliedsstaaten Europas keine Freunde gemacht.
Nach außen bleibt die deutsche Regierung weitgehend - noch - gelassen und ihrer Linie treu. Nur mit Reformen, einer funktionierenden Steuerverwaltung und der Einhaltung von Sparauflagen könne Griechenland weiter finanzielle Hilfen erwarten, heißt es aus Berlin. Diese harte Position zielt aber im Grunde weniger auf die Ägäis, sondern vielmehr auf Paris und Rom. Unsere Nachbarn befürchten offenber, dass die stabilitätsorientierte Politik in Europa weiter zerredet werden könnte. Wenn witschaftliche Schwergewichte wie Frankreich oder Italien sich dringend erforderlichen Strukturreformen verweigern, ist die Rückkehr der Eurokrise wahrscheinlich.
Die Deutschen und das Misstrauen
Dabei dürfte es dem kühl kalkulierenden Duo Tsipras & Varoufakis natürlich bewusst sein, dass es ohne Deutschland in der EU nicht geht. Aber beide unternehmen alles, um Deutschlands Position in Europa zu schwächen. Immerhin stimmten Tsipras und Varoufakis zuletzt versöhnlichere Töne an: Griechenlands Platz sei in der Eurozone. Gemeinsam mit allen Partnern solle nach Lösungen gesucht werden, um die Schuldenlast tragen zu können und zu nachhaltigem Wirtschaftswachstum zurückzugelangen.
Doch: Bis dies so weit ist, werden weitere Investoren den Griechen misstrauen. Das zeigt sich an den steigenden Risikoaufschlägen für griechische Staatsanleihen. Eine Refinanzierung von Schulden am Kapitalmarkt ist erneut in weite Ferne gerückt. Anleger gehen vielmehr auf Nummer sicher – und investieren ihr Geld in Staatspapiere mit höchster Bonität. Zwar sind deren Renditen in kürzeren Laufzeiten sogar negativ und erwirtschaften nicht einmal mehr die Inflation, aber sie sind zumindest nicht von einem Schuldenschnitt bedroht. Anders als im Fall Griechenland.
Zinsen in Österreich bleiben niedrig
Dies ist mit ein Grund, warum die Zinsen in Österreich, Deutschland und anderswo weiter auf Mini-Niveau bleiben: Sparer kennen das Leid bereits seit Jahren. Auf
Tagesgeld gibt es selten noch mehr als ein Prozent Zinsen, wer das Doppelte an Zinsen lukrieren möchte, muss sich bereits heute
fünf Jahre und mehr fix binden.
Doch das alles hat auch was Positives: Wer einen
Konsumentenkredit sucht oder ein Haus oder eine Wohnung finanzieren möchte, kommt aktuell so günstig an Geld wie lange nicht mehr.
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