Die Schockwellen eines EU-Austritts von Großbritannien werden uns noch lange beschäftigen – dennoch kann man auch aus diesem nicht mehr zu ändernden Ereignis Nutzen ziehen. Denn der EU-Austritt von Großbritannien wird helfen, aufzuzeigen, welcher Weg erfolgversprechender ist: Der der Europäischen Union oder der Weg eines einzelnen Staates unter vielen.
Nur Kooperation rettet Europas Zwergenstaaten vor weltweiter Bedeutungslosigkeit
Gesundheit, Frieden, Freiheit, Sicherheit und Wohlstand zählen zu den wichtigsten Zielen der Menschen. Die vertragliche Zusammenarbeit vieler kleiner, mittlerer und einiger großer Staaten im Rahmen der Europäischen Union hat Europa bisher enormen Wohlstand ermöglicht. Das ist keine Selbstverständlichkeit, wenn man die weltweiten Entwicklungen beobachtet.
Gemessen an der Bevölkerung von China, Indien, USA, Russland, Indonesien, Brasilien sind auch die großen Staaten Europas Kleinstaaten. Erst die Kooperation im Rahmen der Europäischen Union erlaubt es den EU-Mitgliedsländern, sich langfristig gegenüber Bevölkerungsriesen wie China, Indien, USA oder Russland zu behaupten. Es ist wahrhaft lächerlich zu meinen, Europas Zwergenstaaten könnten als Einzelstaaten ihre Interessen gegenüber Ländern wie China oder Russland durchsetzen. Ohne gemeinsame Außenpolitik, ohne gemeinsame Sicherheitspolitik, ohne gemeinsame Forschung, ohne gemeinsame Wirtschaftspolitik wird Europa in die Bedeutungslosigkeit absinken.
EU braucht herzeigbare politische Erfolge bei Außenpolitik, Sicherheit und Migration
Die Politiker der EU-Mitgliedsländer müssen allerdings endlich auf diesen wichtigen Politikfeldern gemeinsame Erfolge zustande bringen und allfällige Erfolge auch der EU gönnen anstatt sie ausschließlich für ihre jeweilige nationale Politik zu reklamieren. Der gemeinsame Binnenmarkt ist das herzeigbare Erfolgsmodell für die Kooperation in der EU. Und dieses Modell ist auch auf andere Politikfelder übertragbar. Wenn die noch 28 EU-Staaten sich auf eine gemeinsame Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, auf eine gemeinsame Migrationspolitik einigen, dann werden sich Erfolge rasch einstellen. Die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten müssen dabei nur gemeinsame Macht zur Durchsetzung von gemeinsamen Projekten wollen und diese gemeinsame Macht dann auch einsetzen.
EU zeigt interne Machtkämpfe statt spürbare Durchsetzungskraft gegenüber Drittstaaten
Derzeit vermittelt die EU allerdings überwiegend massive Machtspiele innerhalb der EU-Mitgliedsländer – und keine Spur einer deutlich sichtbaren und erfolgreichen Durchsetzung von EU-Interessen gegenüber Staaten außerhalb der EU. Kein Wunder, dass viele Bürger die EU als zahnlose Bürokraten-Spielwiese betrachten.
Die reichste Region der Welt schafft es bis jetzt nicht, ihre Kraft in jene Stärke umzusetzen, die notwendig ist, um Erfolg zu haben. Das Versagen der noch 28 Mitgliedsstaaten der EU eine gemeinsame Migrationspolitik der EU zustande zu bringen, ist nur die Spitze des Versagens, dass die Bürger in Großbritannien dazu gebracht hat, für den EU-Austritt zu stimmen. Schade, dass das der falsche Weg ist.
Ich hoffe, die restlichen EU-Mitgliedsländer wachen nach dem
Austritt von Großbritannien aus der Europäischen Union jetzt auf und bekennen sich zu mehr gemeinsamer Politik. Alles andere wäre der Weg in die politische Ohnmacht.
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