Hätten die österreichischen Verhandler sich nur ein bisschen besser über die Motivlage der Bayern informiert, hätten sie sich kaum so über den Tisch ziehen lassen.
Die BayernLB wollte die Hypo Alpe Adria also „um jeden Preis“ haben und „muss davon überzeugt gewesen sein, vom Netzwerk der HAA in Südosteuropa in einem Maß zu profitieren, dass die Mängel vernachlässigbar“ erschienen, weshalb sie sich auch „nicht durch entsprechende Gewährleistungsvereinbarungen“ absicherte. Das Land haftete weiterhin für 23 Milliarden Euro und erzielte damit „nicht unerhebliche Einnahmen für das Landesbudget“.
BayernLB: Die vielen Gesichter
Mitte 2007 übernahm Tilo Berlin den Vorstandsvorsitz und BayernLB-Chef Schmidt den Vorsitz des Aufsichtsrats, dem später auch der bayerische Staatsminister Faltlhauser, BayernLB-Aufsichtsratschef Naser und der stellvertretende Vorstandsvorsitzender der BayernLB Hanisch beitraten, während Ederer (GRAWE) und Hans-Jörg Megymorez (Chef der Kärntner Landesholding, der im Birnbacher-Prozess verurteilt wurde) ihre Aufsichtsratspositionen behielten. Im Hypo-Vorstand übernahmen hingegen Bozidar Span den Leasing-Bereich und Andreas Dörhöfer das Risikomanagement. Damit waren alle kritischen Positionen von Münchener Managern besetzt, die jedoch den ungebremsten Wachstumskurs fortsetzten und die Bilanzsumme bis Ende 2008 um rund 40 Prozent auf 43,3 Milliarden Euro anwachsen ließen.
Hypo Alpe Adria: Lehman-Pleite trifft auch die Hypo
Nachdem Haiders BZÖ inzwischen aus der Regierung geflogen war, hatten die Aufsichtsbehörden langsam bemerkt, welche Abgründe sich bei der HAA auftaten. Folglich mussten die HAA im Dezember 2007 eine Kapitalerhöhung durchführen, wobei die BayernLB 441,3 Millionen und die GRAWE (158,7 Millionen Euro) finanzierten. Das stellte FMA und OeNB vorerst ruhig, Dann kam im September 2008 die Lehman-Pleite, dem um ein Haar der Kollaps des globalen Finanzsystems gefolgt wäre. Weltweit wurden nun Bankenrettungspakete geschnürt. So hatte der Freistaat Bayern der BayernLB eine Kapitalzuführung von zehn Milliarden Euro gewährte und 4,8 Milliarden Euro an Wertpapierverlusten übernommen, wobei die Bank als „Unternehmen in Schwierigkeiten“ qualifiziert wurde.
Die Hypo wurde von der OeNB im Oktober einer Sonderanalyse unterzogen, die feststellte, dass „die HGAA eine Kernkapitalerhöhung von mindestens 1,75 Milliarden Euro brauchte“. Laut ihrer Aufsichtsratssitzung vom 12. November wollte die Hypo daher bis zu 1,5 Milliarden Euro aus dem „Bankenhilfspaket“ beziehen, das Österreich aufgelegt hatte, von der BayernLB sollten 700 Millionen Euro kommen, wobei in Bayern inzwischen jedoch die Regierung gewechselt hatte. So waren auf Stoiber und Faltlhauser bereits 2007 Günther Beckstein (Ministerpräsident) und Erwin Huber (Finanzminister) gefolgt, die ihrerseits am 27. Oktober 2008 von Horst Seehofer und Georg Fahrenschon abgelöst wurden.
Hypo Alpe Adria: Wann hat sich die BayernLB gegen die Hypo entschieden?
Folglich saß de Verwaltungsratssitzung der BayernLB vom 29. November bereits Fahrenschon vor, bei der die Kommission den Verdacht hegt, dass die BayernLB hier bereits den Beschluss gefasst hätte, die HAA abzustoßen. So war im Sitzungsprotokoll die Aussage des neuen Vorstandschafs Michael Kemmer zu finden, dass an der ursprünglichen Osteuropa-Strategie nicht festgehalten werden könne. Da der Untersuchungskommission jedoch nur ein Ausschnitt aus dem Protokoll vorlag, konnte sie „nicht verlässlich beurteilen, was bei dieser Verwaltungsratssitzung im Detail beschlossen wurde“.
Hypo Alpe Adria: Die ersten 900 Millionen von der Republik
Das wäre für Bundeskanzler Werner Faymann und Finanzminister Josef Pröll jedoch höchst interessant gewesen, die gerade erst am 2. Dezember angelobt worden waren. Denn an diesem Tag war auch eine Hauptversammlung der Hypo angesetzt, bei der die Kapitalerhöhung hätte beschlossen werden sollen. Die wurde jedoch kurzfristig vertagt, weil die Bayern zuvor ein „ausdrückliches ‚Commitment’ des Bundes und des Landes Kärntens“ haben wollten. Auf die Frage der FMA am 3. Dezember an die BayernLB, ob die Zusagen noch gelte, die Hypo ausreichend mit Kapital zu versorgen, verwiesen die Bayern auf ein Telefonat von Pröll und Fahrenschon vom 2. Dezember, in dem Pröll das Partizipationskapital bei einer entsprechenden Kapitalerhöhung in Aussicht gestellt habe. Nachdem der Bund also 900 Millionen Euro zusagte, steuerten die Bayern 700 Millionen Euro bei, womit der von der OeNB festgestellte Kapitalbedarf vorerst gedeckt war.
Während Kemmer die Hypo verkleinern wollte, befürchte Berlin dadurch eine Wertminderung, was mit 30. April 2009 zu dessen Ausscheiden führte. Auf Berlin folgte Franz Pinkl, der gerade die Österreichischen Volksbanken AG in den Ruin geführt hatte. Pikant ist hier eine Zusatzvereinbarung, die die Kommission im Vorstandsvertrag entdeckte und die Pinkel erhebliche Vorteile einräumte, sollte die Hypo mehrheitlich vom Bund übernommen werden. Da sich das Kreditportfolio immer mehr verschlechterte, wurde im Juli die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC mit einer Analyse beauftragt, die gravierende Probleme aufdeckte. Davon wurde bald auch das österreichische Finanzministerium informiert, das gleichzeitig auch erfuhr, dass die BayernLB für die notwendige Rekapitalisierung jedenfalls nicht allein aufkommen würde.
Hypo Alpe Adria: Kein Strategiepapier erstellt
Laut Kommission hätte spätestens jetzt ein Strategiepapier erstellt werden müssen, wie die Bank unter möglichst geringer Belastung des Bundes gerettet werden könnte. Die Bayern hatten jedenfalls entsprechende Überlegungen angestellt, wobei die Kommission Dokumente vorgefunden hat, dass die Bayern eine Pleite der Hypo jedenfalls ausgeschlossen hatten. Ihr Ziel war, die Hypo an den Bund abzugeben, und dabei noch möglichst viel ihres Engagements zurückzubekommen. Denn neben Kaufpreis und Kapitalerhöhungen hatte sie noch mehrere Milliarden an Liquidität in der Hypo, die sie, wie sie sich informiert hatte, im Insolvenzfall als Eigenkapital gegolten hätte – so dass sich die Gesamtbelastung für die Hypo auf 8,2 Milliarden Euro hätte belaufen können.
Hypo Alpe Adria: Verhandler hatten sich nicht informiert
Das hätte Fayman, Pröll und Finanzstaatssekretär Peter Schieder bekannt sein müssen und sie hätten es z.B. bei der OeNB erfahren können, nur hatten sie nicht nachgefragt. Mit dem Erfolg, dass der Bund am frühen Morgen des 14. Dezembers den Altaktionären ihre Anteile für je einen Euro abkaufte und auch heute noch nicht sagen kann, wie viele Milliarden das den Staat über die bis jetzt geflossenen rund vier Milliarden noch kosten wird. Die BayernLB musste hingegen nur auf rund 800 Millionen Euro an Forderungen direkt verzichten – hat aber die fast vier Milliarden Euro an Liquidität, die sie damals in der Bank belassen musste, bis heute nicht zurück.