Ängste über ein Ende des chinesischen Wirtschaftswunders führten im August kurzfristig zu einem regelrechten Ausverkauf an den weltweiten Börsen. Auch an den Rohstoff- und Devisenmärkten gab es einen deutlichen Einbruch. Verstärkt wurden die Marktkorrekturen von den Erwartungen über bevorstehende Leitzinsanhebungen in den USA.
So sehr man sich über den Absturz in China wundern mag: Er wird dadurch relativiert, dass die Börsen Shanghai und Shenzen in den zwölf Monaten von Mitte Juni 2014 bis Mitte Juni 2015 etwa 150 Prozent (!) zugelegt hatten (Quelle: Bloomberg), ausgelöst durch gewinnträchtige Börsengänge und vor allem Abermillionen von Kleinanlegern, die ihr großes Glück und den raschen Reichtum an den Wertpapiermärkten erhofften.
Die Reaktion der chinesischen Nationalbank ließ nicht lange auf sich warten. Einen Tag nach dem massiven Absturz an Chinas Börsen lockerte sie erneut die Geldpolitik der zweitgrößten Volkswirtschaft und senkte den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 4,6 Prozent (Quelle: Bloomberg). Doch kurze Zeit darauf kam es infolge der Zinssenkung in China kurzzeitig zu einer „Schubumkehr“ an den Börsen. (siehe Chart)
Was das Börsenbeben ausgelöst hat
Auslöser für das Börsenbeben am 18. August, dem „schwarzen Montag“ im August, waren Ängste über ein jähes Ende des chinesischen Wirtschaftswunders. Die plötzliche Abwertung des Yuan überraschte viele Analysten und warf die Frage auf, wie es um den Zustand der chinesischen Wirtschaft und anderer Schwellenländer bestellt ist. Die Vorgänge im „Reich der Mitte“ lassen sich nicht ignorieren, schließlich handelt es sich um den weltweit größten Markt an Konsumenten. Schwächere Außenhandelsdaten, eine geringere Bautätigkeit, ein rückläufiges Kreditvolumen und eine kränkelnde Autoindustrie lassen Fragezeichen offen. Dass ein Strukturwandel der chinesischen Wirtschaft vonnöten ist, steht außer Zweifel. Das jüngst beschlossene staatliche Stimulierungsprogramm soll Infrastrukturpläne und Wohnbauvorhaben in Schwung bringen.
Industriestaaten erholen sich weiter moderat
Kann man erkennen, dass sich diese Schwäche auf die entwickelten Industriestaaten überträgt? Nicht wirklich. Die Wirtschaft in den Industriestaaten läuft zwar alles andere als auf vollen Touren, aber die Wirtschaftsindikatoren deuten auf eine Fortsetzung der moderaten wirtschaftlichen Erholung hin. Sowohl die USA als auch die Eurozone befinden sich mit einem Wachstum im 1. Halbjahr von 2,1 Prozent beziehungsweise 1,4 Prozent (auf das Jahr hochgerechnet) auf einem Erholungspfad (Quelle: Bloomberg). Weil sich das wirtschaftliche Umfeld in den Industriestaaten nicht verschlechtert hat, waren die Kurseinbrüche in den Industriestaaten keine wirkliche Korrektur, sondern können mit einer generellen Risikoreduktion erklärt werden.
Ob die jüngsten Turbulenzen in China eine Zäsur im jahrelangen Aufschwung der chinesischen Wirtschaft darstellen und damit auch Auswirkungen auf andere Ökonomien haben, oder ob es sich nur um eine vorübergehende Schwäche handelt, wird sich in der Zukunft weisen. Gewöhnen müssen wir uns an ein Umfeld erhöhter Volatilität.