Jörg Bohn: Um den Euro zu retten bricht die EU ihre eigenen Regeln und gewährt Griechenland eine 750-Milliarden-Euro-Bürgschaft aus den Druckerpressen der EZB. Die Zentralbank wirft ebenfalls ihre Grundsätze über Bord und akzeptiert die als Ramschanleihen eingestuften Griechenland-Bonds wider jeder Abmachung als Sicherheit. Wer noch glaubt, Volksvertreter besäßen ökonomische Vernunft, sieht rosa Elefanten. Ich befürchte, irgendwann werden die Anleihemärkte zwei und zwei zusammenzählen und eine Antwort haben wollen, wie diese Rettungspakete überhaupt finanziert werden. Fällt den Politikern dann wieder nichts Besseres ein, als schlechten Billionen erneut gute Milliarden hinterher zu werfen, dann droht der Vertrauens-Crash am Bondmarkt. Der Kollaps von Wirtschaft und Währung wäre kaum aufzuhalten.
Biallo.de: Wie sollten sich Anleger angesichts solch unsicherer Aussichten positionieren? Sind Rentenpapiere eine gute Wahl?
Bohn: Von mittel- und langfristigen Staatsanleihen sollten Anleger die Finger lassen. Mit mehreren hundert Billionen US-Dollar ist das Meer der öffentlichen Schulden zu tief, um sich länger als einen Tag hinein zu wagen. Vielmehr könnte es sinnvoll sein, Liquidität bei einem der (noch) sichersten Schuldner der Welt zu parken – und zwar als Tagesgeldanleihe der Bundesrepublik Deutschland. Dieses verzinst sich zwar derzeit kaum, doch wer es benötigt, hat es zwei Tage später auf seinem Konto. Zudem ist der Zins an den Interbankenzins EONIA gekoppelt: Trocknet der Bankenmarkt aus, dürfte der EONIA und damit das Tagesgeld-Zins steigen.
Biallo.de: Welche Anlageklasse bietet langfristig Perspektiven und Sicherheit?
Bohn: Zur langfristigen Wertsicherung empfiehlt es sich, etwa fünf Prozent des Vermögens in Edelmetalle zu stecken. Wichtig ist, dass man physisch Zugriff hat, wie bei kleinen Stückelungen von Gold und Silber. Darüber hinaus gehende Gold- und Silberanlagen sollten in Fonds fließen, die tatsächlich mit Metallen hinterlegt sind. Dies ist zum Beispiel beim Schweizer „ZKB Gold ETF“ der Fall. Hier besteht ein Anspruch auf Rückzahlung des angelegten Vermögens.
Biallo.de: Welche Maßnahmen empfehlen sich gegen einen möglichen Euro-Crash und galoppierende Inflation?
Bohn: Um die Auswirkung einer weiteren Euro-Abwertung für das eigene Vermögen zu verringern, sind Fremdwährungskonten geeignet. Wer sich gegen Inflations- und Deflationsgefahren gleichzeitig absichern möchte, der kann auf Rohstoffwährungen setzen, etwa den Neuseeland-Dollar oder den US-Dollar. Letzterer wird insbesondere im Falle einer Deflation seine Stärken ausspielen. Alternativ könnte man auch entsprechende KfW-Anleihen zeichnen.
Biallo.de: Wie sieht’s mit Aktien aus?
Bohn: Langfristig sicher keine schlechte Wahl. Der Fokus sollte auf Value-Titel liegen, in die breit über einen Indexfonds investiert wird. Getreu dem Motto „Gegessen und getrunken wird immer“ ist der einzige Sub-Index im Dow Jones Stoxx 600, der nach unserem Trendfolge-Modell in letzter Zeit kein Verkaufssignal ausgelöst hat, der Food-and-Beverage-Index. Wer darin über einen Indexfonds (zum Beispiel den ComStage ETF STOXX 600 Food & Beverage TR) investiert, der sollte die Stopp-Marke bei 49,58 Euro beherzigen, denn Verluste, die man gleich realisiert, sind die geringsten. Generell gilt: In Aktien sollte nur investieren, wer ein striktes Risikomanagement befolgt und bei Auslösen eines Verkaufssignals tatsächlich die Reißleine zieht.