In wenigen Wochen ist es soweit: Konkret am 4. Juli endet die Ära der Österreichischen Volksbanken AG (ÖVAG). Aus dem einst stolzen Spitzeninstitut des zweistufigen Volksbankensektors in Österreich wird dann eine Bad Bank, die Immigon Portfolioabbau AG.
Einst als Selbsthilfeorganisation der gewerblichen Wirtschaft gegründet, brauchte der Volksbankensektor am Ende selbst Hilfe. Der Staat musste sich am Spitzeninstitut des zweistufigen Volksbankensektors beteiligen, um die Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG) vor der Insolvenz zu bewahren. Aber auch die Teilverstaatlichung der ÖVAG konnte das Ende der ÖVAG nicht mehr verhindern.
Am Anfang war die Österreichische Zentralgenossenschaftskasse - am Ende die ÖVAG
1922 als Österreichische Zentralgenossenschaftskasse von den Kreditgenossenschaften nach dem System Schulze- Delitzsch im „Allgemeinen Verband der auf Selbsthilfe beruhenden Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Österreichs" (seit 1930 Österreichischer Genossenschaftsverband, ÖGV), gegründet, 1974 in die Österreichische Volksbanken-Aktiengesellschaft umgewandelt, erfolgt nun 2015 das Aus für die ÖVAG.
Eine neue Struktur der Volksbanken soll den Volksbankensektor entscheidend stärken
Die Folgen des Finanzdebakels der ÖVAG verändern die regionale Struktur des Volksbankensektors – immerhin der viertgrößte Bankensektor in Österreich – gewaltig: Die kleinen und mittleren Volksbanken werden in jedem Bundesland mit Ausnahme des Burgenlandes zu einer einzigen großen Volksbank fusioniert. Aus mehr als 40 kleinen und mittleren Volksbanken werden im Zuge dieser Neustrukturierung nunmehr acht große Volksbanken. Die positiven Teile der ÖVAG gehen am 4. Juli auf die Volksbank Wien-Baden über, die dann die Aufgaben eines Spitzeninstituts der Volksbanken übernimmt.
Schwierige Aufgaben müssen von den neuen großen Volksbanken bewältigt werden
Die neu aufgestellten acht großen Volksbanken müssen eine schwierige Aufgabe bewältigen: Sie müssen das im Zuge des ÖVAG-Debakels schwer angeschlagene Image des Volksbankensektors in ein positives Bild des Volksbankensektors umwandeln, um das Vertrauen verunsicherter Volksbankkunden in die Schlagkraft des Volksbankensektors wieder zu stärken. Und die künftig acht großen Volksbanken müssen sich anstrengen, um Kunden nicht an Mitbewerber wie den Raiffeisensektor oder den Sparkassensektor zu verlieren, die in den Regionen starke Präsenz zeigen.
Volksbanken: Chancen auf Erfolg sind in den Regionen vorhanden
Das Potenzial sich im Wettbewerb zu behaupten ist bei den Volksbanken vorhanden. Denn auf der Primärstufe, an der Basis, haben die vielen kleinen und mittleren Volksbanken mit motivierten und gut ausgebildeten Mitarbeitern gezeigt, dass sie erfolgreich sein können und auch sind (siehe auch
Österreichs Kreditwirtschaft - Von der Reichsmark über den Schilling zum Euro von Erwin J. Frasl, René Alfons Haiden, Josef Taus (Hrsg.), Neuer Wissenschaftlicher Verlag, 2007).
Die Probleme des Volksbankensektors waren und sind allerdings nicht in einem schlechten wirtschaftlichen Umfeld allein zu suchen, sondern in einem beträchtlichen Ausmaß im Spitzeninstitut ÖVAG selbst, wie allein die vielen Veränderungen im Vorstand der ÖVAG im Laufe der Zeit erkennen lassen. Da bleiben nur wenige Vorstandsmitglieder in Erinnerung, mit deren Kompetenz rechtzeitig eine positive Entwicklung der ÖVAG möglich gewesen wäre, wie etwa Robert Wychera, Klaus Thalhammer oder Wilfried Stadler.
Aber eine neue Struktur des Volksbankensektors ist beschlossen, neue Führungsteams mit hoffentlich auch vielen Frauen an der Spitze der acht großen Volksbanken werden entstehen. All das und die tüchtigen Mitarbeiter des Volksbankensektors in allen Regionen Österreichs bieten gute Chancen, dass der Volksbankensektor sich im Wettbewerb behaupten kann. Ich wünsche den neuen Chefinnen und Chefs im Volksbankensektor und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern viel Erfolg dabei.