Die geopolitischen Risiken nehmen definitiv an Sprengkraft für die internationalen Kapitalmärkte und die Realwirtschaft zu. Und die EZB wirkt ratlos.
Russland und die Ukraine, Syrien, Israel oder Irak
Die geopolitischen Risiken nehmen definitiv an Sprengkraft für die internationalen Kapitalmärkte und die Realwirtschaft zu. So verschärft sich immer weiter der Sanktionswettlauf zwischen Russland und dem Westen, ein Ausweg ist nicht in Sicht. Insbesondere die Konjunktur in der EU dürfte darunter stark leiden.
Die Krise in Osteuropa bringt auch die Europäische Zentralbank (EZB) zunehmend in die Bredouille. Die Währungshüter haben in den vergangenen Jahren mit einer dramatischen Lockerung ihrer Geldpolitik die Banken- und Staatsschuldenkrise in Euroland weitgehend erfolgreich gemanagt. Doch die Wirtschaft im gemeinsamen Währungsraum ist noch lange nicht über den Berg – und viele Pfeile hat die EZB nicht mehr im Köcher.
Die Erholung in der Eurozone wackelt
Einmal abgesehen von der Konjunkturlokomotive Deutschland verläuft die Erholung in der Eurozone holprig und bleibt äußerst störanfällig. In den südeuropäischen Krisenländern stockt weiterhin die Kreditvergabe der Geschäftsbanken an Unternehmen. Mit Italien ist die drittgrößte Volkswirtschaft im Euroraum erneut in die Rezession abgerutscht und mit Frankreich steht ein weiteres Schwergewicht kurz davor.
Leitzins, Strafzins und Kreditspritze
Im Juni hatte die EZB zuletzt ein geldpolitisches Paket geschnürt, das an den Kapitalmärkten gefeiert wurde: Leitzins runter auf das Rekordtief von 0,15 Prozent, Strafzinsen für Banken, die ihr Geld bei der EZB parken, anstatt es in die Realwirtschaft zu pumpen, Ankündigung milliardenschwerer Liquiditätsspritzen für europäische Geldinstitute, die überdurchschnittlich viele Kredite an die Privatwirtschaft vergeben.
Mario Draghi ohne Wirkung
Doch die Wirkung der Maßnahmen werden die Notenbanker frühestens in einigen Monaten abschätzen können. Die krisenbedingte Konjunkturerholung macht eine Beurteilung der Lage noch schwieriger. Deshalb kann EZB-Präsident Mario Draghi derzeit auch nur mit Worten überzeugen. Auf der turnusmäßigen Sitzung des EZB-Rats Anfang August gelang das nur sehr begrenzt: Draghi sorgte sich zwar um die Konjunktur, lieferte aber kein Signal für eine weitere kurzfristige Lockerung der Geldpolitik.
Da half auch nicht der Hinweis, dass der EZB-Rat einstimmig im Ernstfall zu sogenannten unkonventionellen Maßnahmen der Geldpolitik bereit ist. Die Notenbanker sprechen in diesem Zusammenhang vom „Quantitative Easing“ (QE). Dahinter verbergen sich u. a. aktive Käufe von Staatsanleihen oder von gebündelten Krediten durch die Notenbank. Insbesondere letztere Maßnahme könnte den Banken in Südeuropa neue Spielräume für die Vergabe von Krediten verschaffen, so das Kalkül der Währungshüter.
QE als letzte Rettung
Für QE, dem letzten Trumpf der EZB, scheint die Zeit aber noch nicht reif zu sein. Das könnte sich ändern, wenn sich die mittel- und langfristigen Inflationsaussichten im Euroraum verschlechtern sollten. Dauerhaft niedrige Preissteigerungen bergen die Gefahr, in eine Abwärtsspirale zu rutschen. Sinkende Preise aber sind ein Risiko für Wachstum und Wohlstand.