Walter K. Eichelburg: Merkel in Athen und grössere Sicherheitsmassnahmen als bei einem Besuch des US-Präsidenten werden aufgeboten. Es gab Zeiten, da konnte sich ein deutscher Bundeskanzler noch unter das Volk mischen. Gerade im Griechenland unter dem Spardiktat der Merkel geht das offenbar nicht. Viele Kommentatoren, besonders auf der britischen Insel meinen, Deutschland sollte endlich aus dem Euro austreten und mit den Spardiktaten an die Sündnerstaaten im Süden aufhören. Recht haben sie. Der Euro und die EU werden ohnehin bald zerfallen.
Biallo.at: Startschuss gestern für den „neuen“ 700-Milliarden-ESM-Fonds. Der erste Klient steht schon in den Startlöchern – die Spanier werden 100 Milliarden Euro aus den Rettungsfonds bekommen. Wer und wann sind Ihrer Meinung nach die „Nachfolger“?
Eichelburg: Den ESM braucht niemand mehr, weil das "Euro-Problem" vorübergehend (bis zum Euro-Ende) per Gelddrucken gelöst wurde. Den Politikern sind aber durchausweitere Rettungsschirme zuzutrauen. Die Entscheidung wird irgendwann einmal der Bondmarkt fällen, wenn er auch die Staatsableihen von Deutschland & co abstösst.
Biallo.at: Der neue Multimilliarden-Rettungsfonds verändert die EU für immer. Welche Konsequenzen hat ein solcher dauerhafter Rettungsmechanismus für Steuerzahler in Österreich, Deutschland oder anderswo?
Eichelburg: Konsequenzen für Deutschland & co gibt es aus dem ESM gar keine, solange der Bondmarkt noch die deutschen Bundesanleihen zum Niedrigstzins kauft. Erst wenn das nicht mehr der Fall ist, werden auch die Haftungen aus dem ESM fällig, für die dann keine neuen Staatsschulden mehr aufgenommen werden können. Eine Erhöhung aller Steuern um 50 Prozent oder mehr nur für die Eurorettung wird auch der deutsche Michel nicht hinnehmen. Diese ganzen Euro-Rettungsschirme sind nur ein Betrug am Bondmarkt, damit dieser nicht gleich den ganzen Euro aufgibt: Zeitverzögerung.
Biallo.at: Seit 40 Jahren leben wir in Europa auf Pump– für die meisten der Länder sind die Zinszahlungen auf die Schulden der zweitgrößte Haushaltsposten. Können Strukturreformen und mehr soziale Solidaritätsmechanismen hier wirklich die politischen Versäumnisse der letzten 20 Jahre reparieren?
Eichelburg: Am Ende hilft nur der Staatsbankrott und die Abschreibung der Staatsschulden wie der meisten anderen Schulden in einer Währungsreform bei den Sparern. Denn diese Schulden, besonders die Staatsschulden sind purer Konsum und können daher nie mehr zrückgezahlt werden. In Griechenland etwa wird bald der nächste Schuldenschnitt fällig. Erst nach den Staatsbankrotten wird es richtige Reformen mit einem massiven Abbau besonder des Sozialstaates geben, weil für lange Zeit niemand mehr dem Staat Geld borgen wird.
Biallo.at: Je länger die Krise andauert, je mehr Rechte gebrochen werden, desto mehr laufen die „Gelddrucker“ Gefahr, das Vertrauen der Bevölkerung in das Papierwährungssystem zu verspielen. Schützt Gold wirklich vor dem Geldbetrug der Regierungen und bewahrt langfristig Kaufkraft der Bürger?
Eichelburg: Alle westlichen Währungen sind überdruckt, das heisst, real nichts mehr wert. Aber noch glaubt die Bevölkerung noch grossteils an den Wert dieser Gelder. Aber auch hier gibt es schon massive Anzeichen der Erosion. Die Masse beginnt zu spüren, dass sie ihr Vermögen verlieren wird, weiss aber nicht, was zu tun ist. Sie flüchtet etwa wie in Deutschland und Österreich in überteuerte Immobilien - ein Irrweg. Man muss aus dem ganzen Kreditsystem, inklusive Immobilien, die selbst ein Kreditwert sind raus. Gold und Silber schützen am Besten, waren sie doch für über 3000 Jahre lang Geld - Geld mit einem inneren Wert.
Biallo.at: Die Welt nach der Krise werde nicht wie jene vor der Krise sein, sagt Sozialforscher Berthold Vogel. Vor allem die Mittelschicht werde vom Wohlstandskollaps betroffen sein. Noch ist die Mehrheit der Österreicher positiv gestimmt, was ihre Zukunftsperspektiven betrifft. Doch wie kann sich „Otto-Normal-Bürger“ gegen einen schwindenden Wohlstand erwehren?
Eichelburg: Die Mittelschicht hat bei uns die letzten 20 Jahre recht gut gelebt, wenn auch oft auf Kredit. Die qualifizierten Jobs waren recht sicher, grössere Anschaffungen konnten auf Kredit oder Leasing gemacht werden. So werden bei uns etwa 95 Prozent aller neuen BMWs oder Audis über Leasing = Kredit erworben. In den USA oder Spanien, also Staaten, die real bereits in einer Depression sind, ist das nicht mehr so. Dort nützt auch ein Studium nichts mehr gegen die horrende Arbeitslosigkeit. Kommt auch zu uns. Bei uns fliesst für die Unterschichten bereits nicht mehr Milch und Honig. Die real viel höhere, als angegebene Inflation frisst dort die Niedriglöhne zunehmend auf.
Biallo.at: Gerade vor dem eben beschriebenen Hintergrund erscheint die „heilige Kuh“ Frühpension auch in Österreich zur Farse zu verkommen. Gerade im Beamtensektor versucht man, mit allen Mitteln diese „Errungenschaft“ zu verteidigen. Welche Folgen sehen Sie mittel und langfristig für den Österreichischen Staatshaushalt?
Eichelburg: Die Frühpension ist in Österreich wirklich eine heilige Kuh, eine, die dringend geschlachtet werden muss. Aber kein Politiker hat hier den Mut, radikal durchzugreifen. Das passiert erst mit dem Staatsbankrott, wenn die Zuschüsse des Staates in das Pensionssystem nicht mehr aus Steuern oder Aufschuldung geleistet werden können. Österreich wird auch wie die meisten anderen Staaten den Staatsbankrott (wäre nicht der Erste) erleben, sobald der Bondmarkt "reale Zinsen" für Inflation und Risiko verlangt. Diese liegen bei über 20 Prozent und nicht beizwei Prozent wie heute. Aber dann jubeln nur mehr die Gold-Bugs, denn der Goldpreis wird dabei bis zum Mond gehen, der Silberpreis bis zum Mars. Es dauert nicht mehr lange.
Nachwort zu den Zinsen: Eine ähnliche Situation erlebten wir in den 1970er Jahren, als man einige Jahre künstlich die Zinsen bei hoher Inflation drückte. Dann schoss der Goldpreis bis auf $850/oz hoch und die Zinsen mussten rauf. Diesesmal kommt es wieder, da wir in einer ähnlichen Situation sind, aber mit viel höheren Schulden. Daher werden höhere Zinsen diesesmal den Universalbankrott von Staaten und Banken bringen. Entscheidend ist der Goldpreis, dieser geht diesesmal viel höher.
Informatiker und Investor in Wien. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit Investment- und Geldfragen. Er ist Autor zahlreicher Artikel auf dem Finanz- und IT-Sektor.
Seine Gold-Website www.hartgeld.com wurde 2006 gegründet und ist nach eigenen Angaben derzeit das meistgelesene Gold- und Krisen-Webportal im deutschsprachigen Raum. Es befasst sich mit allen Aspekten der Wirtschafts- und Finanzkrise seit 2007 sowie mit der Geldanlage in Gold/Silber. Hartgeld.com ist ein „News-Aggregator“, der alle wesentlichen Meldungen zu diesem Themenkreis für den Leser leicht auffindbar macht. Das produziert über zwei Millionen Zugriffe pro Monat allein auf die Homepage. Hartgeld.com wird von Walter K. Eichelburg über seine Hartgeld GmbH mit Sitz in Wien betrieben.